
liehen Blättercapitälen umgiebt die Cella. Das Tempeldach breitet
sich reich verziert und vergoldet über die Plateform aus und lässt
nur wenig Licht in das Innere dringen. Im Hofe ringsum stehen
thönerne Bildsäulen von Männern, Frauen und geflügelten Fabelwesen,
etwa zwischen Sphinx und Cherub. Die Cellawand ist
äusserlich mit prächtigem Ornament in vergoldetem Stuck und
Glasmosaik bedeckt; etwa drei Fuss über der Sohle läuft ein Fries
von grossen Hähnen mit Menschenköpfen und langen Menschenbeinen
rings herum. Besonders reich ist die Einrahmung der Fenster.
Inwendig sind die Tempelwände mit phantasiereichen Darstellungen
aus der buddistischen Sagenwelt bemalt, deren ungeheuerliche
Ausschweifungen sich kaum schildern lassen. Am westlichen
Ende steh t, dem Hochaltar manches katholischen Münsters
vergleichbar, der Aufbau mit dem berühmten Buddabild aus grünem
Jade oder Jasp is63) und anderen kostbaren Götzen in stufenartiger
Verjüngung; zu unterst eine zwei Fuss hohe, sitzende Statuette au s'
massivem Golde. Das Steinbild ist aus einem Stück geschnitten,
Gewand und Zierrath aus getriebenem Golde; die birmanischen
L a o s sollen es einst aus K a m b o ja geraubt, dann im Kriege wieder
an die Siamesen verloren haben. — Vor dem Goldgötzen stehen
sechs Fuss hohe Bäume mit goldenen und mit silbernen Blättern; '
zwei geflügelte Figuren sollen die Asche von des Königs Vater und
Grossvater enthalten. Den Fussboden decken rhomboidale Messingplatten;
die von Pallegoix beschriebenen silbernen Matten sahen
wir nicht.
An den Wohnpalast des Königs stossen, um mehrere Höfe
gruppirt, kleinere Gebäude mit den Gemächern der Königin, Sälen
für Privataudienzen, Diners, und die weiten Gelasse des Harems mit
einem grossen Garten.
Nicht weit vom Palast -stehen die Ställe der königlichen
Staats- und Reit - Elephanten, mächtiger Thiere mit gewaltigen
Stosszähnen, um welche dicke goldene Ringe gelegt sind. Der
weisse Elephant, den wir sahen, war kein echter, dazu fehlten ihm
viele Abzeichen; aber auch die echten sind keineswegs weiss, sondern
hellchocoladenbraun. Mit fest aneinandergeschnürten Vorder63)
Mrs. Leonowens, Pallegoix und Andere nennen es wohl mit Unrecht Smaragd,
denn der Stein ist 12 Zoll hoch, 8 Zoll breit. In das goldene Haar und Halsband
sind Topase, 5 Sapphire, Rubinen, Amethysten, Onyxe und Diamanten ein-
geschmolzen.
füssen, den einen Hinterfuss an eine Säule gefesselt, stand das
heilige Thier in der Mitte seines Stalles, an dessen Wänden ein
erhöhter Gang hinläuft; dort knieen fromme Siamesen betend nieder.
Der weisse Elephant wird mit Bananen, Zuckerrohr und frischem
Grase gefüttert; er soll seinen eigenen Hofstaat und Leibarzt haben
und beim Ausgehn mit grossen Sonnenschirmen beschützt werden.
Die Verehrung dieser Albinos beru h t-wo h l auf ihrer Seltenheit:
man glaubt, dass sie von den Seelen grösser.Helden und Könige
bewohnt werden, die, -gleich der siamesischen Majestät, göttlichen
Rang auf Erden gehabt hätten. Als Seinesgleichen reitet seihst
der König nicht den Weissen Elephanten, was seinen Wärter nicht
hindert, denselben nach Bedürfniss tüchtig zu prügeln.
Ein echter weisser Elephant wurde bald nach unserer Abreise
in einer der nördlichen Provinzen entdeckt, starb aber auf
dem Wege nach B a n k o k . Sein Tod versetzte das Land in tiefe
Trauer.- Der König, der ihm pflichtgemäss entgegenreiste, beschrieb
ihn mit folgenden Worten: »Seine Augen waren lichtblau, ihre
Einfassung lachsfarben, sein Haar fein, zart und weiss, seine Stoss-
zähne wie -Perlen, seine Ohren gleich silbernen Schilden, sein
Rüssel gleich dem Schweif von Kometen,' seine Beine gleich den
Füssen der Himmel, sein T ritt wie das Rollen des Donners, seine
Blicke voll tiefer Betrachtung, seine Augen voll Zärtlichkeit, seine
Stimme die Stimme eines mächtigen Kriegers, und seine Haltung
die eines erhabenen Herrschers.« — Wie sehr der weisse Elephant
das-Schönheitsideal der Siamesen ist, beweist auch die Schilderung,
welche die aus England zurückkehrenden Gesandten vom Aussehn
Ihrer Majestät der Königin Victoria gaben: »Man kann sich des
Eindrucks nicht erwehren, dass sie reiner Abstammung sein muss
von einem Geschlechte wackerer und kriegerischer Könige und
Herrscher der Erde, da ihre Augen, Hautfarbe und besonders ihre
Haltung die eines schönen und majestätischen weissen Elephanten
sind.« — Seit der Zerstörung von Ayutia 1767 sollen nur fünf echte
entdeckt worden sein.
Viele Magazine, Schatzhäuser und Werkstätten, wo Budda-
bilder, Tempelornamente, die königlichen Tragsessel und andere
Prunkgeräthe angefertigt werden, liegen in der Königsstadt zerstreut.
Es giebt auch ganze von königlichen Handwerkern bewohnte
Strassen, in deren Läden reiche Stoffe und hübsche Arbeiten in
Gold und Silber zu finden sind. In den Zeughäusern stehen unzählige
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