
Herr von Bourboulon, welchem der Attache gegen Abend seinen
Abschiedsbesuch machte., kamen wieder auf die zarte Schonung
zurück, mit welcher unter den dermaligen Verhältnissen Prinz Kun
und der Minister W e n - s ia n z u behandeln seien, und freuten sich,
dass Graf Eulenburgs Schritte deren Stellung nun nicht ■ compro-
mittiren würden. — In das gemiethete Haus zurückkehrend, fand
Herr von Brandt den Eigenthümer, mit welchem er nach der
russischen Mission fuhr. T si-uün weigerte sich den Miethzins zu
nehmen, da die Preussen ja nur einige Tage in seinem Hause gewohnt
und wesentliche Verbesserungen gemacht hätten; er erbot
sich, dasselbe vier Wochen lang in dem Zustande zu lassen, auch
zu verkaufen oder auf längere Zeit zu vermiethen. Offenbar scheute er
sich, in Gegenwart der Russen Geld zu nehmen; deshalb sandte
ihm Herr von Brandt durch den Pförtner eine angemessene Summe.
Um die Reise schneller zu machen, nahm Herr von Brandt
einen chinesischen Karren und verliess P e - k in am 26. Juni Abends.
In M a - ta u weckte er mich vor Tagesgrauen atis tiefem Schlafe,
theilte mir den Befehl zur Rückkehr mit und fuhr weiter. Ich
entliess in der Frühe den mir beigegebenen , M andarin, bestieg
meinen Tartaren und ritt allein nach T ie n - ts in , eine Strecke von
etwa dreizehn Meilen, die der brave Gaul bei 30° R. fast in einem
Zuge machte, ohne zu vermüden. Herr von Brandt, der von P e -
kin dreiundzwanzig Stunden brauchte', kam zwei - Stunden vor mir
an. Sein P fe rd , die Diener und unser Gepäck gelangten mit Herrn
kleine am 28. Juni nach T ien -tsin .
Die mildere Auffassung, welche beim Prinzen von Kün der
ersten Aufwallung folgte, bewies schon ein Schreiben an den Gesandten
vom 25. Juni. Vom Abbruch der Verhandlungen ist nicht
mehr die Rede: der Kaiser habe ausdrücklich T s u n - l tjen und
T su n -h au mit denselben beauftragt, welche ohne des Prinzen Theil-
nahme handeln sollten; an sie habe der Gesandte sich in allen
Stücken zu wenden. E r möge seine Begleiter aus P e - k in zurückrufen,
da der Prinz sie sonst nach den Landesgesetzen zur Abreise
zwingen müsse. Von den Beschuldigungen ist nur die gewaltsame
Besitznahme des Hauses berührt, an die er wirklich glauben mochte;
denn dass wir die Thorwache bezwungen und den Wirth der Herberge
mit Stockprügeln erweicht h ätten , musste bei ruhiger Betrachtung
lächerlich scheinen. Offenbar deckten die Wachen ihre
Achtlosigkeit, der Wirth seine Habsucht durch solche Lügen.
In seiner Antwort an den Prinzen von K ün wies Graf Eulenburg
alle in dem Erlass vom 23. Juni an die Commissare enthaltenen
Anklagen als erfunden, und die Insinuation, dass »die
Preussische Nation kein Vertrauen verdiene«, als Erguss einer momentanen
Wallung zurück: er wolle gewiss auf die Lage der chinesischen
Regierung und die besondere Stellung des Prinzen schonende
Rücksicht nehmen, behalte sich aber vor, das Völkerrecht
gegen jed e Maassregel anzurufen, welche ihn verhindern sollte, sich
den an der Spitze der Verwaltung stehenden hohen Personen zu
nähern..