
auch äusserlich erneut, die Wände und Säulen mit glänzendem rothen
Gypsstuck überzogen, das reiche Schnitzwerk der Gesimse und
Balkenköpfe in Gold und leuchtenden Farben gemalt, wie sie einst
gewesen. Der Blick vom Eingang des Hauptgebäudes über den
grünen Prachthof, durch die oifenstehenden Flügelthore der beiden
Hallen in die vorderen Höfe bot eine imposante Perspective von
malerischer Wirkung. An das Hauptgebäude stossen zwei Flügel
von geringerer Höhe; der zur Rechten enthielt das Schlaf- und das
Arbeitszimmer des Gesandten, der zur Linken die Kanzlei. Der
Secretär und mehrere Attaches bewohnten die Häuser an den
schmalen Seiten des grünen Hofes. — Durch eine enge Gasse von
diesem Complex getrennt liegen dahinter mehrere andere Höfe, in
deren weitläufigen Baulichkeiten Herr Wade mit drei Dolmetschern
und neun »Student interpreters« hauste. Andere junge Leute, die
sich zu Dolmetschern ausbilden wollten, wurden aus England
erwartet.
Die Gesandtschaften liegen im Süden der tartarischen »Inneren
« Stad t, N e i - t s e n , einem quadratischen Rechteck, dessen
Ringmauer auf drei Seiten schnurgrade läuft und nur an der westlichen
Ecke der Nordseite etwas nach innen gekrümmt ist. Hier
dehnt sich der um die ganze Stadt fliessende Graben zu einem
weiteren Becken aus, das mit den Seen von Y u a n - m in - y u a n in
Verbindung steht und durch eine gewölbte Oeffnung in der Nordmauer
die Teiche, Seen und Canäle im Inneren der Stadt speist;
diese fliessen nach dem Graben vor der Südmauer der Tartaren-
stadt ab, welcher, wie gesagt, an deren südöstlicher Ecke in den
nach T u n - t s a u führenden Canal geleitet ist. Die Seen von Y u a n -
m in - y u a n speist das nahe Gebirge; so muss P e - k in , so lange die
Leitung geregelt war, beständig klares fliessendes Wasser gehabt
haben, das durch jenen Canal in den P e t - h o ablief. Jetzt waren
die Schleusen zerstört, die Rinnen verstopft, Abfluss und Zufluss
fast ganz unterbrochen. Die Stadtgräben und Canäle lagen grossen-
theils trocken; nur an tieferen Stellen ihres Bettes stand etwas
Wasser. Die Teiche und Seen im Norden der Tartarenstadt erhielten
noch einige Nahrung aus dem Stadtgraben, waren aber
trotzdem versumpft und mit wuchernden Wasserpflanzen fast zugedeckt.
Der ganze Zustand der Wasserläufe machte den Eindruck
einer Vernachlässigung, die viele Jahre, nicht erst seit dem Herbst
1860 gedauert hatte, und stimmte zur Verkommenheit alles Uebrigen.
Wurden jene Canalschleusen zwischen P e - k in und T u n - t s a u wirklich
zur Abwehr der Alliirten vermauert, so förderte das vielleicht,
verursachte aber gewiss nicht den Verfall der Leitung.
In der östlichen, nördlichen und westlichen Mauer der T a rtarenstadt
liegen je zwei befestigte Thore; durch die Südmauer
führen deren drei in die chinesische »Aeussere« Stadt, K u e i - t s e n .
Ein dem Mittelthor der Südfront entsprechendes grosses Doppelgebäude
in der Nordmauer dient sonderbar genug nur zu Aufbewahrung
einer grossen Glocke und einer riesigen Trommel. —
Die chinesische Stad t bildet ein Rechteck, dessen nordsüdliche
Ausdehnung über die Hälfte kleiner is t, als die westöstliche; in
letzterer Richtung ist sie gegen 3000 Fuss breiter als die Tartarenstadt.
Ihre Mauern laufen streckenweise in leicht gekrümmten
Linien und haben auf der Ost- und der West-Seite je ein, auf der
Südseite drei Thore. Ausserdem liegen in den über die Südfront
der Tartarenstadt auf jed e r Seite hinausspringenden Mauerstücken
T h o re , welche von deren mächtigen Eckthürmen beherrscht werden.
Die Ringmauer der Tartarenstadt -hat je nach den Unebenheiten
des Bodens eine Höhe von 45 bis. 60 Fuss; sie besteht aus zwei
gegeneinander geneigten Wänden, zwischen welchen Erde und ungelöschter
Kalk übereinander geschichtet sind. Ihre Dicke ist verschieden:
beim Thore H a t a m e n . misst die Südmauer an ihrer Basis
über 80 Fuss, der Mauergang zwischen -dem äusseren Zinnenkranz
und der inneren Brustwehr, 48 Fuss; diese Esplanade ist auf der
Nordmauer 50 bis 60 Fuss, auf der Ostmauer 42, auf der Westmauer
30 Fuss breit. Nach aussen springen -in regelmässigen Intervallen
Bastionen vor, die auf der Nordseite die Breite der Esplanade
stellenweise um 45 Fuss, also auf 105 Fuss, vermehren. —
Der Umfang der Tartarenstadt beträgt etwa 3% deutsche Meilen;
die Mauern, welche die Ghinesenstadt nach aussen begrenzen, sind
fast zwei Meilen lang; so umschliessen über fünf deutsche Meilen
Ringmauer die Doppelstadt.
Der Mauergang der Tartarenstadt ist leicht nach dem Inneren
.der Stadt geneigt und mit Backstein gepflastert; bei den Eckthürmen
und den Thoren führen bequeme Rampen hinauf. Die Eck-
thürme sind mächtige Bauten mit einer breiten Façade in jeder
Mauerfront, und gleichen sonst d,en äusseren Thorgebäuden. Die
Thore sind nämlich doppelt: das innere Gebäude fusst auf der