
von T s a n - k ia - w a n aber noch glücklich in die Linien der Verbündeten
gelangte. E r kam am 22. Juli nach T i e n - t s in , blieb mehrere
Wochen und wurde auf der preussischen Gesandtschaft ein gern
gesehener Gast. Nach des Herrn Marques Erkrankung stellte er
sich mit Genehmigung seines Vorgesetzten 'zu Graf Eulenburg’s
Verfügung, und förderte durch seine Gewandtheit und das Vertrauen,
dessen er bei den chinesischen Ministern, genoss, wesentlich den
Abschluss des Vertrages.
Das Napoleonsfest beging die französische Garnison mit
feierlichem Tedeum und dreimaligem Salut von 21 Schüssen, welchen
die englischen Batterieen erwiederten. Einem Diner, das der
französische Consul, Herr Trêves, nachträglich aus diesem Anlass
gab, wohnten die Attaches der preussischen Gesandtschaft
bei.
Von der Arkona, die inzwischen mit dem Transportschiff
Elbe eine Reise nach dem Norden der Bai von P e - t s i - l i gemacht
hatte, kamen am 11. August einige Officiere nach T i e n - t s in . Die
Schiffe liefen u. a. die Mündung des L a o - t u n - Flusses an, wo die
grosse chinesische. Mauer das Meer berührt. Ein Theil der Besatzung
landete und erstieg die Mauer. Die Mandarinen des benachbarten
Städtchens empfingen sie mit zurückhaltender Höflichkeit.
Sie berichteten, darüber nach P e - k i n , und die Commissare
mussten den Gesandten zur Rede stellen, dass vor Unterzeichnung
des Vertrages preussische Schiffe einen den Fremden nicht geöffneten
Hafen besucht hätten. In seiner Antwort bestätigte Graf
Eulenburg einfach die Thatsache und dabei blieb es..v— Vom Rande
des Meeres läuft die grosse Mauer, deren Sockel aus Granit besteht,
über steile Felsgebirge landeinwärts; anderthalb Meilen vom
Strande soll sie schon 2500 Fuss hoch stehen. Viele Steine wan-
derten als Andenken auf die Arkona, welche am 7. August nach
der P e i - h o -Mündung kam, gegen Mitte desselben Monats nach
den M i a - t a u -Inseln fuhr, um frischen Proviant einzunehmen, dann
nach der T a - k ü - Rhede zurückkehrte und erst Ende August wieder
nach T s i - f u ging. Die Gesundheit der Mannschaft war vortrefflich.
Trotz der argen Hitze boten unsere Spazierritte im Juli und
August einigen Genuss; in der Richtung von P e - k in prangte je tz t
die Ebene im Schmuck der üppigsten Felder, besonders von Hanf
und Hirse ; mächtige Ricinus-Stauden säumten die W ege. Der unter
der Südmauer von T i e n - t s in gelegene Theil der Ebene blieh kahl;
hier fanden jeden Sonnabend die Pferderennen der D z im - k a n a
sta tt, denen wir regelmässig beiwohnten. In Erwiederung der genossenen
Gastfreundschaft verehrten Graf Eulenburg und seine Begleiter
dem Club einen silbernen Humpen, den sie in T i e n - t s in
fertigen liessen. Die Vorderseite schmückte der preussische Garde-
Adler, nach dem Modell auf dem Helm des Attache Grafen zu
Eulenburg in Silber getrieben, von vorzüglicher Arbeit. Ringsum
waren auf mattem Grunde Lotos und Bambus als glückbringende
Embleme in halb erhabener und gravirter Arbeit, und der vom chinesischen
Silberschmiede sonderbar gewählte Sinnspruch angebracht:
»Der Hauch des Weisen gleicht dem süssesten Blumenduft.« Den
Henkel bildete ein massiv gearbeiteter Drachen ; innen war der
Humpen stark vergoldet. Die Engländer veranstalteten dafür ein
glänzendes Rennen, das am 31. August stattfand: eine englische
Meile, einfacher, Sieg. Die besten .Pferde waren dafür trainirt;
rege Theilnahme bewies die Höhe der Wetten. Acht Pferde liefen
in lebhafter’ Gangart vom Pfosten, und der Kampf steigerte sich
bis zuletzt. Möonraker, ein Pferd des Lieutenant Upperton, der
in Capitän Fane’s Abwesenheit dessen Regiment commandirte, blieb
Sieger. Nachdem die Stewards demselben den Preis zugesprochen,
übergab ihm Graf Eulenburg mit herzlichen Worten den Humpen,
der, mit drei Flaschen Champagner gefüllt, die Runde machte.
Nach dem Schreiben des Gesandten vom 27. Juni mit dem
Entwurf des Separat - Artikels wurden die Verhandlungen ohne
weiteres wieder aufgenommen. Die Commissare besuchten ihn am
30. Juni in eleganter Sommerkleidung: T s u n - l u e n trug einen langen
blauen Rock von durchsichtigem Crêpe, T s u n - h a u ein gelbes Gewand,
über weissen Unterkleidern; um den Leib hatten sie Gürtel, vorn
mit Edelsteinen besetzt, auf dem Kopf den kleinen spitzen Strohhut
, den im Sommer alle Chinesen tragen. T s u n - l u e n schien sehr
vergnügt über Erledigung des verfänglichen Zwischenfalles und
sprach begeistert von den Festen, welche die Bevollmächtigten
einander nach Abschluss des Vertrages geben wollten, wurde aber
schwierig, als Geschäfte zur Sprache kamen: Preussen müsse v ersprechen,
auf zehn Jahre keinen Vertreter nach P e - k in zu schicken.