
und Weiber flehten m den Strassen kläglich um Nahrung; unter-
dess raubten und mordeten des K a n - w a n kantonesische Trabanten
nach Gefallen. »Diebe und Räuber,« sagt der T s u n - w a n , »standen
in der Stadt auf. Die nächtliche Ruhe störte beständiges Schiessen
im Innern der Stad t und ganze Familien wurden ausgeplündert.
Das waren Zeichen von übeler Vorbedeutung und Vorboten der
Vernichtung.«
Der Tod des T i e n - w a n ist in Dunkel gehüllt. Nach des
T s u n - w a n Bericht hätte das furchtbare Getöse der platzenden
Minen seine Sinne verdüstert: . er hätte sich am 30. Juni vergiftet.
Im Garten des Palastes fanden die Kaiserlichen den
Leichnam eingescharrt, in gelbe Seide gehüllt, mit grauem
Schnurrbart. — Der »Junge Herr«, H u n - f u - t i e n , bestieg wirklich
den Thron.
Am 8. Juli versuchte der T s u n - w a n einen Ausfall, wurde
aber nach hartem Kampfe zurückgetrieben. E r wünschte, dem Elend
ein Ende zu machen, die anderen W a n widersetzten sich jedoch
der Uebergabe. Am 19. Juli sprengten die Kaiserlichen eine gewaltige
Mine, die ein grosses Stück der Stadtmauer niederlegte,
und stürmten die Bresche. Der T s ü n - w a n schützte mit seinen
Leuten bis Mitternacht des T i e n - w a n heulende Frauen in dessen
Palast, steckte diesen endlich in Brand und rückt.e nach dem Südwest
Thor, wo er H u n - f u - t i e n , dem »Jungen Herrn«, sein eigenes
Streitross gab für einen elenden Klepper, der ihn kaum trug.
»Obgleich,« schreibt er, »des T i e n - w a n Tage erfüllt, das Volk
durch Andere, die seine Mühe vereitelten und ihn täuschten, geschädigt,
und der Staat verloren waren, so konnte doch ich, der
seine Gunst genossen h a tte , nicht anders, als meine Treue beweisen
durch das Streben, seinen Sohn zu retten.«
Der. T s u n - w a n , der K a n - w a n und H u n - f u - t ie n entkamen
im Wirrwarr glücklich mit etwa tausend Mann, wurden aber von
T s e n - k w o - t s u n ’s Reiterei verfolgt und auseinandergesprengt. Der
T s u n - w a n , den sein schwacher Klepper nicht tragen konnte, verbarg
sieh in einem Tempel, wo Landleute ihn erkannten und knieend
unter Thränen anflehten, sein Haupt zu scheeren. Von Anderen
erkannt, wurde er bald darauf festgehalten und ausgeliefert.
H u n - d z in , der K a n - w a n , wurde ebenfalls gefangen. H u n -
f u - t i e n , der »Junge Herr«, irrte , von mitleidigen Landleuten erhalten,
eine Weile umher, fiel aber endlich den Truppen des General
T s e n - p a o in die Hände, der ihn schleunigst köpfen liess. E r
betheuerte bei seiner Verhaftung bei allen Himmeln, dass er dem
Thron entsage, und bat nur flehentlich, sich auf die Staatsprüfungen
vorbereiten zu dürfen.
Ueber den T s u n - w a n und den K a n - w a n berichtete T s e n -
k w o - t s u n nach P e - k in , liess aber noch vor der Bescheidung Beide
enthaupten; der Richterspruch vom Kaiserhofe lautete auf »langsame,
schimpfliche Hinrichtung«. Der T s u n - w a n schrieb in den
acht Tagen der Kerkerschaft seine Lebensgeschichte, die, nach den
übersetzten Auszügen zu urtheilen, ein Meisterwerk klarer lebendiger
Darstellung ist. E r soll gehofft haben, durch die Apologie sein
Leben zu retten. — Seinem Charakter wird von allen Seiten das
glänzendste Zeugniss gegeben; ein Freund des Landvolkes linderte
er auS eigenen Mitteln die Noth der von anderen Heerführern, verwüsteten
Gebiete und förderte überall den Wohlstand durch
geregelte Verwaltung. Die Bewohner von S u - t s a u setzten ihm
aus Dankbarkeit ein schönes Marmor-Denkmal, das sie nach
dem Fall der Stadt auf Befehl der Mandarinen wieder einreis-
sen mussten.
In N a n - k in wüthete die vom T s u n - w a n entzündete F'euers-
brunst drei Tage lang und verwandelte den besten Stadttheil in
Trümmerhaufen, aus welchen vereinzelte Reste von Steinportalen
mit buntem phantastischem Ornament emporragten. Die entfernteren
Strassen müssen Jahre läng unbewohnt gewesen sein; vier Fuss
hohes Gesträuch machte sie unzugänglich. Von den gehofften
Schätzen, der Beute so vieler Raubzüge, fand man keine Spur; nur
die Plünderung einzelner T a e - p i n - Soldaten lohnte reichlich. Des
K a n - w a n Banditen scheinen gut aufgeräumt und sich grossen-
theils bei Zeiten aus dem Staube gemacht zu haben, was bei
der W eite des Mauerumkreises ein Leichtes w a r; ihre Schätze
bahnten die Wege. Bei der Einnahme soll die Besatzung von
N a n - k in kaum 20,000 Mann gezählt haben, von welchen 7000
hingerichtet wurden.