
Anlage südlich mit einer langen Gebäudefront auf den breiten
Wassergraben der Rothen Stad t, zu deren nördlichem Portal ein
Steindamm hinüberführt. Pavillons mit künstlich verschränkten
Dächern aus gelben Ziegeln stehen, einander gegenüber, auf den
südlichen Ecken des Kohlenberg-Gartens und den Nord-Ecken der
nach der Farbe ihrer Mauern benannten Rothen Stadt. Den Gipfel
des Kohlenhügels und vier Kuppen ringsum an seinen Hängen
krönen Kioske mit bunten Dächern, die voll Götzenbilder stecken.
Uns war der Besuch nicht gestattet. Kleine Häuser, von Bonzen
und Schranzen bewohnt, und Tempelchen mit grotesken Götzen
sollen im Dickicht zerstreut liegen.za)
Die Marmorbrücke über den See T a i - t s i , das Meer der
Mitte, mündet der Nordwestecke der Rothen Stadt gegenüber unter
dem Kohlenhügel; sie bietet reizende Blicke auf die Gartenufer des
weiten Beckens. Nördlich liegt in der Ferne der Tempel F a - k u a ,
der abergläubischen T a o - Secte eigen, davor auf Inselchen die 1460
gegründeten fünf Drachenhäuschen. R e ch ts, nordöstlich, . schiebt
sich ein Hügelrücken in den See, der »Goldene Hügel«, der unter
dem Namen »Frühlingsschatten der Marmor-Insel« unter die Wunder
von P e - k in zählt. Früher scheint er rings umflossen gewesen zu
sein; eine Marmorbrücke führt über den je tz t vertrockneten Arm,
dessen Wasser ihn südlich und östlich bespülte. — Weisse Marmorgeländer
fassen den verwilderten Garten ein, dessen Dickicht kostbare
Steinblöcke, verfallene Lusthäuser und Tempelchen birgt. Seit
alter Zeit sollen chinesische Kaiser diese Anlage gehegt und geschmückt
haben, in welcher der letzte MiN-Herrscher sich 1644
beim Eindringen des Rebellenheeres erhängte. Der Baum, der dem
unglücklichen Monarchen seine Zweige lieh, wurde vom ersten
Mandschu-Kaiser in schwere Ketten gelegt, die heut noch seinen
verdorrten Stamm belasten sollen. Auf der Spitze des Hügels liegt
das Lama-Kloster P e i - t a - s e mit dem weithin sichtbaren Denkmal,
das die Mandschu 1651 dem Gedächtniss jener Schauerthat widmeten;
es hat die gewöhnliche Form der Lamagräber: über massigem
Unterbau eine oben breitere Steintrommel, auf welcher
eine geringelte Kegelsäule mit hutartiger Endverzierung ru h t. u )
Das »Meer der Mitte«, welches sein Wasser durch einige Teiche
im Norden der Tartarenstadt aus dem mit Seen in Y u a n - m in -
S. Ansichten aus Japan, China und Siam VIII.
M) S. Ansichten aus Japan, China und Siam VIII.
y u a n verbundenen Stadtgraben empfangt, hat je tz t nur geringen
Zufluss; seine Oberfläche ist über und über mit Schilf, Lotos und
anderen wuchernden Pflanzen bedeckt und gleicht einer überschwemmten
üppigen Wiese. Ganz verwahrlost geht das schöne
Becken rascher Verschlammung entgegen.
Jenseit der Brücke liegt am westlichen See-Ufer das katholische
Missionshaus P e - t a n . Das Grundstück wurde den Jesuiten
mit dem der Cathedrale und zwei anderen von Kaiser K a n - g i geschenkt.,
der nach ihrem Bericht nur deshalb die Taufe nicht annahm,
weil er der Vielweiberei entsagen sollte. Das wollte er erst
auf dem Sterbebett. Um nun die Priester schnell zur Hand zu
haben, schenkte er ihnen das bei der Rothen Stadt gelegene Grundstück,
wurde aber vom Tode so plötzlich überrascht, dass sie doch
zu spät kamen. jÄr Die Jesuiten hielten sich in P e - t a n bis 1823 und
wurden auch dann nicht vertrieben: der einzige damals noch anwesende
wünschte abzureisen und erbat sich die Erlaubniss vom
Ka ise r| welcher ihm obenein 5000 T a e l als Ersatz für das von
seinem Vorfahren geschenkte Grundstück zahlen liess. Die Kirche
und die Wohngebäude der Missionare, welche die Chinesen nicht
brauchen konnten, wurden niedergerissen, der Garten scheint in den
Besitz eines Prinzen des kaiserlichen Hauses übergegangen zu sein.
Beim Friedensschluss 1860 verlangten die Franzosen die Herausgabe
dieser und aller übrigen alten Besitzungen der Jesuiten. Die
kaiserliche Regierung erklärte, dass sie das Grundstück käuflich erworben
habe, wogegen die. französischen Diplomaten die Kaufsumme
zu erstatten versprachen, wenn die Regierung die zerstörten
Gebäude dort wieder hersteilen liesse. Natürlich siegte das Unrecht
des Stärkeren: die schon einmal geschenkte, dann grossmüthig
zurückgekaufte Besitzung wurde ohne Entschädigung herausgegeben,
^s- Nach dem Friedensschluss verlangten die Lazaristen, welche P e -
t a n bezogen, auch noch die Herausgabe eines Nachbargrundstücks,
wo die Jesuiten für den Himmelssöhn Glas fabricirt hatten; die
Regierung verwies sie aber auf die Bestimmung des zerstörten
Gebäudes und verlangte als Bedingung, dass die Lazaristen dort
ebenfalls Glas für den kaiserlichen Palast machen sollten.
Die Capelle, von welcher die Chinesen nur ein Stück Freitreppe
stehen Hessen, war bei unserem Besuch wieder aufgebaut
und ein niedriger Glockenthurm angefügt worden, dessen Fortbau
die Regierung sistirte; die Plateform müsste sogar mit übermanns