
XXII.
AUSFLUG NACH PHRABAT. ABREISE AUS SIAM. REISE
DER ARKONA NACH SINGAPORE.
VOM 30. JANUAR BIS 3. MÄRZ.
SCHLUSS.
K ö n ig M a h a M o n k u t hatte der Gesandtschaft seinen Dampfer
Royal Seat, der Bruder des K a l a h u m , P h a y a M u n t r i S u r iw o n
einen kleineren, den Arrow, zur Verfügung gestellt; auf letzterem,
der schneller war, schifften sich der Gesandte, die Attaches Graf
Eulenburg und von Bunsen und Maler Berg ein, auf dem Royal
Seat Legationssecretär Pieschel, Attaché von Brandt, Dr. Lucius
und Dr. von Richthofen. Um neun Uhr Abends fuhr Royal Seat
am 30. Januar ab , Arrow zwei Stunden später; die Nacht war
herrlich und hell genug, um mit voller Kraft stromauf zu dampfen.
Der Fluss spiegelte Tausende von Lichtern wieder; in den schwimmenden
Häusern sassen malerische Gruppen bei grellem Lampenlicht,
darunter viel bezopfte Chinesen, in die Karten vertieft, ¡fili
Der Royal Seat fuhr auf ein Floss, kam aber bald wieder los.
Als es tagte, lag die Stadt weit hinter uns ; beide Ufer waren
mit dichtem Walde bedeckt; hier und da grünte ein Reisfeld. Kurz
vor der alten Hauptstadt A y u t ia , w o Arrow um zehn Uhr Morgens
ankerte; verengt sich der Strom, ein labyrinthisches Netz mit
vielen Armen bildend. Die Ufer sind stark bevölkert, das Wasser
mit Booten belebt, doch stehen die Häuser zerstreut; aus dem
Uferdickicht ragt altes Gemäuer, und den breitesten Nebenarm füllt
eine schwimmende Strasse; die Lage der altberühmten Königsstadt
würde aber vom Flusse aus Niemand ahnen. Wir besuchten die
Ufer erst auf der Rückfahrt.
Bald nach der Ankunft präsentirte sich an Bord des Arrow
der vom König vorausgesandte Reisemarschall; nach einiger Zeit
erschienen auch Bootsladungen der herrlichsten Früchte und Fische;
die versprochenen Hühner und Enten blieben aber aus, bis unser
Dolmetsch, Herr Hendrix aus B a n k o k , eine F ah rt durch die schwimmende
Strasse machte und das Geflügel für Geld erstand. Wir
hörten erst später, dass die Ortsbehörden, die uns auf königliche
Kosten versorgen mussten, den Einwohnern die Lebensmittel
ohne Entgelt fortnahmen und dem König dafür grosse Rechnungen
machten.
Royal Seat, der um zwölf vor A y u t ia eintraf, fuhr schon
um halb zwei ü h r weiter, Arrow folgte gegen vier. Der enge
Flussarm, in den sie einbogen, macht scharfe Wendungen; jeden
Augenblick glaubt man anzurennen. Am steilen Lehmufer stehen
malerische Bambushütten unter dichtem schattigem Laubdach; hier
und da lauscht ein buntes Tempelchen im wuchernden Dickicht.
Gocös; Areca, Bananen, Mango, Artocarpus, Ficus, Tamarinden sind
die vorstechenden Formen der Uferflora. In stillen Buchten
planschten bei sinkender Sonne die Wasservögel, Schaaren weissköpfiger
Fischweihen schwebten nach Beute spähend über dein
Fluss* bunte Eisvögel und schlanke Reiher staffirten malerisch das
Ufergezweig; im Wasser lagen Heerden grauer Büffel mit mächtigen
Hörnern, nur zuweilen die Nase heraussteckend, träge schnaufend,
im behaglichsten Genuss ihres Büffeldaseins.'
Bald nach sechs zwang der niedrige Wasserstand den Royal
Seat, eine Viertelmeile vor seinem Ziel, dem Flecken T a r u a , Anker
zu werfen. Um ihn einzuholen hätte Arrow gegen drei von A y u t ia
abfahren müssen, verspätete sich aber wegen der Lebensmittel.
Royal Seat war dazu noch zwei Stunden von der Fluth unterstützt,
Arrow musste die ganze Zeit mit der Ebbe kämpfen. Um das Mittagsmahl
mit den Reisegefährten zu theilen, dampfte der Gesandte
auf dem Arrow, wo die Küche war, in das Dunkel hinein. Im
Zwielicht schnellte vor dem Schifisbug ein vier Fuss langer Fisch
so glücklich aus dem Wasser, dass er auf das Deck fiel, dem Koch •
willkommene Beute. F a st war es Nacht, als ein dunkeier Gegenstand
dem Arrow entgegentrieb: ein plötzlicher Krach und Hülfe-
ruf, — wir hatten ein grosses Reisboot übergefahren, dessen Schiffer
schliefen. Das Vordertheil sank sogleich; die Insassen, eine chinesische
Famile,'stürzten sich heulend in die Nachen und wurden gere
tte t, nur Planken und Spähne trieben noch auf dem Wasser.
Graf Eulenburg liess den Dampfer halten und den Besitzer des
Reisbootes an Bord holen, der Gnade erflehend auf den Knieen
heranrutschte. Als der Gesandte nach seinem Verlust fragte, schrie