
die Hauptsache, solche Aenderungen' zu treffen, als die Umstände e rfordern
«. Wii gaben deshalb persönlich T s a e - y u e n und seinen Amtsgenossen
den ausdrücklichen Befehl, ein Decret zu erlassen, das des
Censors Bitte gewährte. Als sie aber erschienen um ihre Antwort zu
geben, vergessen sie so gänzlich ihre Pflichten als unsere Diener, dass
sie in schreiendem Ton Einwürfe erhoben. Zweitens, als .sie das
Decret ausfertigten, das in unserem Namen erlassen werden sollte,
sind sie unter dem Schein des Gehorsams uns im Geheimen ungehorsam
gewesen, indem sie sich erkühnten Aenderungen in dem Erlass
vorzunehmen, den sie dann als unsere Willensäusserung publicirten.
Was in aller We lt war ih r Motiv dabei? Wenn noch dazu bei jeder
Gelegenheit T s a e - y u e n vorschützte, dass Dieses oder Jenes unthunlich
se i, weil sie sich nicht die höchste Macht anzumaassen w a g t e n ®
was war wohl diese Handlung anderes als eine Anniaassung der höchsten
Macht?
Wenn auch unsere eigene Jugend und die unvollkommene
Kenntniss d e r Kaiserin - Wittwe von den Staatsgeschäften es in ihre
Macht gelegt hätten, Betrug und Täuschung zu üben so weit wir betheiligt
sind, so könnten sie doch nicht das ganze Reich betrügen; und
wollten wir länger Nachsicht üben gegen Diejenigen, welche sich so
undankbar zeigten für die grosse Gunst Seiner dahingegangenen Majestä
t, wie sollten wir es, in Ehrfurcht nach oben blickend, vor seinem
Geist, der je tz t im Himmel is t, verantworten oder wie der öffentlichen
Meinung des ganzen Reiches Genüge leisten?
W ir befehlen also, dass T s a e - y u e n , T w a n - w a undSu-TsuEN
aus ihren Stellungen entfernt werden und dass Kist-San, Mü-yin,
K w a n - y u e n , T u -h a n , T s ia n - y u - y in aus dem Grossen Staatsrath
scheiden; und wir beauftragen den Prinzen von K u n iiii Einvernehmen
mit dem Gross-Secretariat, den sechs Ministerien, den neun hohen Gerichtshöfen,
den H a n - l in - y ü e n , den Öe n - t s e - f u und den CenSoren
unparteiisch zu überlegen und zu berichten über den Grad der Strafe,
dessen sich je d e r Einzelne dem Gesetze nach durch seine Verbrechen
schuldig gemacht hat.
In Bezug auf die Form, in welcher Ih re Majestät die Kaiserin-
Wittwe die Regierung leiten soll, befehlen wir denselben Würdenträgern,
Rath zu pflegen und uns zu berichten.
Ein ausserordentliches Decret.«
Nach Verlesung dieses Befehls fragte der Prinz von K un
die Versammelten ohne ihnen Zeit zu Erörterungen zu lassen, ob
sie gehorchten; auf ih r Ja befahl er ihnen, sich zu entfernen.
Wahrscheinlich waren für den Fall der Widersetzlichkeit alle
Maassregeln getroffen. Die Regentschaftsräthe sollen sich darauf
in den Palast begeben haben; über das, was sich dort zutrug,
giebt folgendes Decret einigen Aufschluss, das an demselben
Abend ausgefertigt wurde.
»Da die drei Individuen T s a e - y u e n , T w a n - w a und S u - t s u e n
schon vor unserer Abreise von unserem Hof in D z eh o l ihre Stellung
als unsere Diener vergessen hatten ,• so befahlen wir Y i - w a n , Prinzen
von T § u n , für uns ein Decret auszufertigen, welches bestimmte, dass
T s a e - y u e n und die beiden anderen aus ihren Stellungen entfernt würden;
und wir liessen heute Yi-siN,' Prinzen von K u n , in unsere Gegenwart
berufen, mit dem Befehl, die Gross - Secretäre K w e i - l ia n und
T s a n - t s u - p e i , u nd W e n - s ia n , Mitglied des Staatsraths und Vice-Prä-
sidenten des Finanz-Ministeriums mitzubringen. T s a e - y u e n aber und
seine Genossen nahmen sich heraus, ihren Eintritt verhindern zu
wollen, indem sie mit frecher Heftigkeit erklärten, es zieme sich nicht,
dass wir äussere Minister (solche, die nicht zum Regentschaftsrath gehörten)
vor uns beriefen. Wo würde solche Unverschämtheit enden?
Durch unser früheres Decret wurden sie ih re r Aemter entsetzt; aber
dieser Spruch steht nicht im Verhältniss zu ihrem Vergehen.
W ir befehlen, das Y i- s in , Prinz von K u n , K w e i - l ia n , T s a n -
t s u - p e i und W e n - s ia n sofort unseren Willen bekannt machen, dass
T s a e - y u e n , T w a n - w a und S u - t §u e n ihres erblichen Ranges entkleidet
und vor Gericht gestellt werden. Ih re Angelegenheit wird vor den
höchsten Gerichtshof verwiesen, mit welchem die Mitglieder des Gross-
Secretariates, der neun hohen Gerichtshöfe, die H a n - l in - y u e n , die
S e n - t s e - f u und die Censoren eine strenge Strafe für ihre Vergehen
aussprechen werden.« .
Gleich darauf erschienen am 2. November noch zwei andere
Decrete: das erste befahl dem Prinzen von T su n , Su - t s u e n zu verhaften;
das zweite beauftragte die höchsten Staatsbehörden mit
Prüfung zweier Denkschriften, welche die Regentschaft der Kaiserin
befürworteten. Die eine rührte von K i a - t s i n , T s a n - t s u - p e i und
anderen .Civilbeamten, die andere von dem in diesen Blättern schon
genannten Tartaren-General T s e n - p a o her.
Der Gross-Secretär K i a - t s in stellt zunächst den Satz auf,
dass die höchste Macht niemals in die Hand eines Unterthanen
kommen dürfe, weil solcher sie sich mit der Zeit aneigne; ferner
dürften die Gesetze der Etiquette auch nicht ein Haarbreit überschritten
werden, weil sonst Missbräuche entständen. Der Verfasser
beweist dann aus dem Wortlaut von H i e n - f u n ’s letztwilliger