
phantastische Ornamentik spotten jed e r Beschreibung. Einige
Stockwerke werden von Dämonen getragen; dann folgen phantastische
Thiere, Blumen- und Blatt - Zierrathen. Auf den vier
Hauptfagaden schauen dreiköpfige Elephanten aus fensterartigen
Nischen im obersten Stockwerk herab. — Von nahem besehen ist
die Mosaik sehr roh, die bunten Scherben englischer und chinesischer
Töpferwaare scheinen wie planlos in den groben Kalk gesteckt;
doch schon in geringer Entfernung nimmt Alles Gestalt und
Zeichnung an, und dem jenseitigen Stromufer zeigt der Bau sich
ganz herrlich; man würde in Europa weit danach reisen. Die
Verhältnisse sind edel, im Einzelnen zierlich, das Colorit trotz der
Vielfarbigkeit milde und durchaus harmonisch. Vor der dem Strom
zugewendeten Seite stehen zwei Tempel mit bunten Dächern und
ein Portal, dessen Radius auf die Pyramide stösst, daneben riesige
Banyanen. Hellglänzend steigt der Prachtbau in die Lüfte.66)
Von der oberen Galerie des P h r a p r a n ist die schönste Aussicht
auf B a n k o k . Breit und herrlich wälzt sich der Strom in
mächtiger Windung durch die Waldstadt, nah den Ufern.gesäumt
von Reihen schimmernder Häuser, malerischen Dschunken und
Barken, gefurcht von tausend behenden Booten. Am jenseitigen
Ufer streckt sich die Binnenstadt mit ihren in wucherndes Grün
gebetteten Goldgiebeln, Thürmen und Spitzen au s, umringt von
zinnengekrönter Mauer. Nur längs dem Strom sind Wohngebäude
sichtbar; alle Nebenarme und engeren Wassergassen liegen tief
unter dem Laubdach versteckt, aus dem hier und da ein Tempeldach
aufragt. In den fernsten Horizont verschwimmt die grüne
Ebene.
Unserem Wohnhaus zunächst lag unterhalb W a t D z e n der
Tempel W a t K a i .a y a , nach dem Hauptgebäude von W a t P o der
grösste von B a n k o k . Einen colossalen sitzenden Budda bergend,
zeichnet er sich besonders durch grosse Höhe aus. Auf morastigem
Pfade, über morsche Planken konnte man vom Gesandtschaftshause
auch zu ilu s s den schattigen Tempelgarten erreichen, in dessen
Kloster neunzig Mönche wohnten. Von einem reichen Chinesen
gebaut, dem der Adel verliehen wurde, soll W a t K a l a y a vorzüglich
von dessen Landsleuten besucht werden.67)
6e) S. Ansichten aus Japan, China und Siam Bl. 60.
67) S. Ansichten aus Japan, China und Siam Bl. 59,
An einem der breiteren Wasserarme auf der linken Seite des
M en am liegen die Tempelgründe von W a t S a k e t , w o die meisten
Todten verbrannt werden. Die Hauptgebäude gleichen den früher
beschriebenen; in dem grössten ziert eine tolle Darstellung des
Fegefeuers die Wände; in der kreuzgangartigen Halle des diesen
Tempel umgebenden Hofe^ sitzen lauter schwarze Götzen, ähnlich
den goldenen im Hof von W a t D z e n . — Ein colossaler vergoldeter
Budda steht wieder in einem anderen- Hause. Ueberall sieht man
dasselbe, nur hundertfach verändert. 166 Bonzen sollen zu W a t
S a k e t gehören.
Mehrere grosse von Rasthallen umgebene Höfe sind mit
schönen Palmyra-Palmen (Borassus flabelliformis) bepflanzt. Zur
Verbrennung vornehmer Leichen dient ein auf vier Pfeilern ruhender
gemauerter Katafalk, unter welchem ein steinerner Sockel für den
Scheiterhaufen steht. Das Innere ist von Rauch geschwärzt. Auf
der spitzzulaufenden Dachkuppel pflegt regungslos eine Schaar
von Aasgeiern zu sitzen; unter den auf Pfählen erhöhten Rasthallen
in der Nähe lauern Horden wohlgenährter Hunde. Die Kosten der
Verbrennung können nur Reiche bezahlen; Aermere lind Solche,
die Zerfleischung vorziehen, werden auf einen an den Verbrennungsplatz
grenzenden Acker geworfen, wo Hunde, Raben und Geier sie
gierig verschlingen. Der üppige Wuchs der kriechenden, kletternden
Rotang-Palme und grossblättriger Sträucher, die stellenweise
den Platz überwuchern, steht in grellem Contrast zur scheusslichen
Staffage: im Gebüsch liegen angefressene Leichen, blutige Knochen
und halbe Gerippe; hier und da qualmen Haufen von Kleidern und
Geräthen der Verstorbenen. Bei ihrer Mahlzeit gestört fliehen die
Bestien scheu auseinander und setzen sich gierig lauernd in der
Runde. — Nach buddistischer Anschauung liegt in der völligen
Vertilgung des Körpers, der grösste Segen; die Zerfleischung hat
für sie nichts Widerwärtiges. Die Asche - der Verbrannten wird in
den Fluss geworfen oder in alle Winde zerstreut, bis auf kleine
Andenken für die Hinterbliebenen. Nur die Aermsten werden den
Fischen zur Beute unzerfleischt dem Strom übergeben.
Wir hatten Gelegenheit bei W a t S a k e t der Verbrennung
einer vornehmen. Leiche beizuwohnen. Aul dem steinernen Sockel
unter jenem Gebäude war der Holzstoss aus versilberten Scheiten
aufgebaut; darauf stand der hölzerne vergoldete Sarg, der oben
offen, unten jnit eisernen Stäben vergittert ist: ein vergoldeter Bai