
Damals war K o n - m u t mit Aufstellung einer Münze beschäftigt, die
der König aus England bezog. Dass sein Streben- .aus edeler Gesinnung
quoll, bewies am deutlichsten folgende Thatsache: K o n -
m u t druckte einst in seinem Hause das siamesische Gesetzbuch, in
der Hofinung, dessen Verbreitung im Lande zu bewirken; der König
soll jedoch so heftig darüber gezürnt haben, dass er ihn zum Tode
verurtheilte und nur widerstrebend begnadigte.T 1 0 0 Die g&edruckten
Exemplare mussten verbrannt werden.
Reife Früchte könnte unsere Gesittung den Siamesen wohl
nur tragen, wenn sie darin erzogen würden. Damals hatten sie
sich bloss angeeignet, was mit Geld zu bezahlen ist: Uniformen,
Silberzeug, Bier und Champagner, Maschinen und Dampfer. Letztere,
etwa dreissig, welche die Könige und die Grossen besassen, waren
meist in kläglichem Zustande. Tüchtige europäische Maschinisten
sind den Siamesen zu theuer: die untergeordnetem Leute, welche
sie in Dienst nahmen, ergaben sich, da die Schiffe selten benutzt
wurden, aus Mangel an Beschäftigung meist dem Trunke. Die einheimischen
Maschinisten hatten wohl dunkele Begriffe vom Vfasser-
kochen und lernten die Hähne drehen; lockerte sich jedoch eine
Schraube, so standen die Räder bis a u f ferne Zeiten still. Den
Schiffsbau haben die Siamesen gelernt; sie sind treffliche Zimmerleute
und besitzen im kieselhaltigen Holz der Tectona grandis wohl
das beste Material der Erde. Die grossen Teka-Waldungen gehören
meist dem König und müssten, gut verwaltet, unerschöpfliche
Quellen des Reichthums sein. In ihnen und dem Reisbau liegt die
Zukunft des Landes; denn S iam ist die grosse Kornkammer von
Hinter-Asien, besonders von China, dessen Bevölkerung grössten-
theils von Reisnahrung lebt. Während nur die südlichsten Striche
des grossen Reiches in die Tropen hineinreichen und die Ernten
dort häufig missrathen, ist in dem gleichmässigen Klima von S iam
Misswachs viel seltener; die weiten Ebenen erzeugen, obgleich nur
zum kleinsten Theil ängebaut, weit über das Bedürfniss der Bewohner
und könnten halb Asien versorgen. Dazu müsste freilich
auch die Bevölkerung wachsen, wozu bei der jetzigen Verfassung
wenig Aussicht ist. Vielleicht wdrd einmal durch Einwanderung
geholfen. Für Europäer ist das Klima ungeeignet; nicht nur würden
ihre Nachkommen degeneriren, sondern auch die eingewanderten
Arbeiter verlören in der weichen erschlaffenden Luft, beim geringen
Wechsel der Jahreszeiten alle Spannkraft. Müssen doch selbst
europäische Kaufleute nach einer Reihe von Jahren immer wieder
Erfrischung in der Heimath suchen. Von der je tz t schon beträchtlichen
Einwanderung der Chinesen aus 1 u - k ia n , K u a n - t u n und
K u a n - s i , die arbeitsam, zäh, genügsam und an feuchte Hitze gewöhnt
sind, ist in Zukunft ausgedehntere Bebauung der grossen
hinterindischen Ebenen zu erwarten, die überschwellende Bevölkerung
jener Provinzen strömt am natürlichsten nach S iam ab.
Die einwandernden Chinesen scheinen auch die siamesische Sprache
leicht zu lernen, die ihrer eigenen, wenn auch nicht stammverwandt,
doch als monosyllabische, singende Sprache an Charakter ähnlich
ist; alle mehrsilbigen Worte darin sollen fremden Ursprungs, das
buchstabenreiche Alphabet aus dem D e v a n a g a r i abgeleitet sein.
Alle heiligen Bücher sind in Pali-Sprache geschrieben, doch besitzt
auch die Sprache der T h a i oder Freien, wie die heutigen Siamesen
m - besser Sayamesen — sich euphemistisch nennen, eine lyrische
und dramatische Literatur, die das Volk versteht und weiterbildet.
Des landschaftlichen Eindrucks der siamesischen Pflanzenwelt
wurde in diesen Blättern mehrfach gedacht. Von wildem Ge-
thier gewahrte man wenig. Ausser dem trägen Scheusal von W a t -
p o sah der Verfasser auch ausserhalb der Hauptstadt nicht ein einziges
Crocodil, von denen doch der M en am wimmelt. In B a n k o k
baden die Eingeborenen ohne Scheu: »der König h a t den Croco-
dilen dort das Beissen verboten«. Von Rhinoceros, Bären, Tigern
und anderen grossen Katzen sollen die nahen Wälder bevölkert
sein, doch lebt man in B a n k o k vollkommen sicher. Als unerhörtes
Ereigniss galt es, dass einst in der Nacht sämmtliche Affen des
französischen Consulates erwürgt w'urden;- vielleicht war das Unthier
zweibeinig. Schlangen giebt es viele; selbst der Riesen-Python
kommt in B a n k o k so häufig vor, dass für einen T ik a l das schönste
Exemplar zu kaufen ist. Niemand scheint ihn zu furchten; oft sitzt
eine Schaar halbwachsener Knaben um solches Ungeheuer herum,
das sie vom Baume gezerrt haben und unbarmherzig necken. Bei
aller ungeheuren Muskelkraft ist die Riesenschlange zu unbeholfen,
als dass man ihrem Angriff nicht ausweichen sollte; sie greift aber
den Menschen nicht an, und wie sie ein behendes Thier umschlingen
sollte ist gar unbegreiflich. Giftzähne h a t sie nicht; die kleinen