
von Bourboulon dem Gesandten, dass er seinen ganzen Einfluss für
Gewährung der preussischen Forderungen aufgeboten habe und den
Erfolg als gesichert ansehe; nur einzelne in anderen Verträgen nicht
enthaltene Bestimmungen machten noch Schwierigkeit, und die Un-
behülflichkeit der chinesischen Sprache, in der sich viele Dinge
dem europäischen Bedürfniss gemäss nicht ausdrücken liessen.
In seinem den neuen Vertragsentwurf begleitenden Schreiben
vom 24. Juli bestand nun Graf Eulenburg au f Gewährung derjenigen
Artikel, welche das Recht deutscher Unterthanen, mit Pässen
im Innern des Landes zu reisen, den Schutz der Christen, das Einlaufen
und die Proviantirung von Kriegsschiffen in allen chinesischen
Häfen stipulirten, liess dagegen diejenigen fallen, welche
die Küstenschiffahrt und die eventuelle Fortsetzung des deutschen
Handels während eines Krieges zwischen China und anderen Staaten
betrafen. Letztere ergab sich von selbst aus den Verträgen. Ueber
die den chinesischen Küstenhandel betreffenden neuen Bestimmungen
unterhandelte damals auch der englische Gesandte mit den Behörden
in P e - k in ; Graf Eülenburg hatte ihm darüber geschrieben,
aber keine genügende Auskunft erhalten. Da nun mittelst der
Clausel der meistbegünstigten Nation alle neu zu gewährenden
Rechte der Krone Preussen von selbst Zufällen mussten, so bestand
Graf Eulenburg nicht auf jenem Artikel, der, für andere Nationen
von gleicher Wichtigkeit, durch die Gesandten in P e - k in viel
leichter durchgesetzt werden konnte.14) E r berührte am Schluss
seines Schreibens noch die gesonderte Consularvertretung der
Hansestädte, welche die Commissare in den Text des Vertrages
aufzunehmen wünschten, der Gesandte aber nach seinen Instructionen
in einem Separat-Artikel stipuliren zu müssen glaubte. -fKSeine Note
an den Prinzen von K u n behandelte vorzüglich die eventuelle Verlängerung
des fünfjährigen Aufschubes: er sei überzeugt, dass die
preussische Regierung solche bereitwillig zugestehen werde, wenn
triftige Gründe vörlägen; die Entscheidung darüber, welche von
Zeit und Umständen abhinge, müsse derselben aber Vorbehalten
14) Es handelte sich um Ermassigung der Zolle für den Kustenhandel. Ein
fremdes Schiff, das chinesische- Waare aus einem chinesischen Hafen -nach dem
anderen führte, zahlte dafür die vollen Ausfuhrzölle in dem Ausfuhr-Hafen Und die
vollen Einfuhrzölle in dem Hafen, nach welchem es die Waaren einführte. Nach
den vom preussischen Gesandten entworfenen neuen Bestimmungen sollten die Einfuhrzölle
fortfallen, nachdem die Ausfuhrzölle entrichtet waren.
bleiben. Eventualitäten könnten nur durch Berathung und Cor-
respondenz geregelt, nicht aber in Verträge aufgenommen werden,
deren Bestimmungen positiv und bindend sein müssten.
Die Commissare beantworteten . den revidirten "V ertrags-
entwutf am 29. Juli durch ein langes Schreiben, in welchem sie
nicht nur die Aufnahme der bei den Berathungen angefochtenen
Artikel verweigerten, sondern auch auf viele Bestimmungen zurückkamen,
deren Redaction sie in den Conferenzen endgültig angenommen
und zum Zeichen ihrer Einwilligung eigenhändig parapliirt
hatten. Zugleich lief eine Note des Prinzen von Kurt ein, welcher
auf Formulirung des Versprechens wegen eventueller Verlängerung
des Aufschubes in einem S e p a r a t -A r t i k e l bestand. — Die langen
Berathungen hatten also wieder nichts gefruchtet; noch immer wurden
die wesentlichsten Puñete bestritten. Da nun auf dem Wege
des persönlichen Verkehrs und des Schriftwechsels mit den Com-
missaren nichts mehr auszurichten war, so schlug der Gesandte einen
anderen ein.
Herrn Marques hatte nach Vollendung der Reinschrift jenes
neuen Entwurfes der Schlag getroffen. Da-er dadurch ausser Thä-
tigkeit gesetzt wurde, so ersuchte Graf Eulenburg den kaiserlich
französischen Gesandten in P e - k in , den zufällig in T i e n - t s in anwesenden
Herrn de Méritens zu Uebernalime der Dolmetscher-Arbeiten
zu ermächtigen,,welche derselbe bereitwillig angeboten hatte.
Als dolmetschender Secretar der französischen Gesandtschaft war
Herr de Méritens den Cominissaren persönlich bekannt und genoss
deren Vertrauen. Wohl wissend, dass er in die Verhältnisse eingeweiht
s e i, unterrichteten sie ihn gleich nach seiner Ankunft in
T i e n - t s in aus freiem Antrieb in vertraulichster Art von der Lage
der Verhandlungen, und suchten seinen Beistand. Herr de Méritens,
der bei Negotiation des französischen Vertrages mitgewirkt und in
P e - k iñ das Räderwerk der chinesischen Staatsmaschine kennen gelernt
h atte, wies sie nicht zurück, wusste aber sehr genau, dass
die Commissare nur in ihrem persönlichen Interesse, um vor dem
Kaiser zu glänzen, Einwendungen und Schwierigkeiten erhoben, zu
welchen sie garnicht ermächtigt waren. Graf Eulenburg bat ihn
nun, denselben von seinem Gesuch an Herrn von Bourboulon nichts
zu sagen, sondern einstweilen die Rolle des unpartheiischen Vermittlers
zu spielen. Seine Uebung und Gewandtheit in der Behandlung
chinesischer Würdenträger; die Kenntniss der europäischen