
Kämpen einen tüchtigen Hieb, so lief er dicht an seinen Gegner
heran und steckte seinen Kopf unter dessen Flügel. Nach zwei
weiteren Gängen war die Schlacht entschieden: einer der Hähne
wurde zweimal niedergeworfen, nahm zwar jedesmal muthig den
Kampf wieder auf, drehte aber endlich seinem Gegner den Rücken,
womit nach siamesischenf-Brauch das Spiel enden musste. Die siegreiche
Parthei der Wettenden erhob gellendes Jubelgeschrei, die
Verlierenden blieben sehr ruhig; einige der Betheiligten waren in
die Arena gestiegen und rutschten hockend am Rande hin und her,
um den Hähnen auszuweichen.
Graf Eulenburg hatte das Musikcorps der Arkona mitgenommen,
für dessen Leistungen die Siamesen lebhaftes Interesse zeigten.
Prinz K h r o m a - l t j a n meinte, bei uns unterscheide sich die traurige
und fröhliche Musik vorzüglich durch das Zeitmaass; bei jener sei
es langsam, bei dieser schnell, ln S iam habe das Tempo andere
Bedeutung: schnelle Stücke spiele man beim Ausmarsch von Truppen,
bei öffentlichen Pröcessionen, überall wo grössere Menschenmassen
in Bewegung wären; langsame und feierliche dagegen beim Auftreten
vornehmer Personen. — Der alte Dirigent der prinzlichen Capelle
folgte auf einer Holzharmonika ganz richtig den Melodieen unserer
Bläser; der Prinz pries dessen musikalisches Gedächtniss, das ihn be-
fähige, jedes Stück nach dreimaligem Hören nachzuspielen. *jfiW|An
demselben Abend kamen die von Musikmeister Fritze und seinen
Hautboisten seit kaum drei Wochen unterrichteten siamesischen
Musikanten nach dem Gesandtschaftshause, um Graf Eulenburg
etwas vorzuspielen. Sie bliesen zuerst allein, dann mit unserem
Musikcorps den preussischen Präsentirmarsch, den Zapfenstreich
und Heil Dir im Siegerkranz zwar nicht entzückend, aber für die
kurze Zeit ihres Unterrichts doch erstaunlich richtig. Sie hatten
vorher weder eine Ahnung von musikalischen Noten, noch von Behandlung
der Blasintrumente.
Einige Tage darauf, am 29. Januar, spielten die siamesischen
Bläser zum ersten Mal vor ihrem König, der mit seinen Frauen aus
der Audienzhalle zuhörte. Zugleich fanden Ballspiele und Pferderennen
in- den Höfen statt. Zum Beschluss bliesen die Siamesen
eine von Musikmeister F’ritze componirte »siamesische National-
hymne«, welche der König »Die glückliche Blume« taufte.
An demselben Tage begann die Feier des chinesischen Neujahrsfestes;
das Feuerwerk knallte die ganze Nacht. Unsere chinesischen
Diener stellten rings im Hause kleine Opfer von Kuchen,
Glimmkerzen und Schnitzeln Silberpapier hin, schmausten, zechten,
brannten uns unter der Nase ihre Schwärmer ab und horchten auf
keinen Befehl.
Gleich nach Ankunft in B a n k o k hatte Graf Eulenburg die
ansässigen deutschen Kaufleute gefragt, ob die früher mit S iam geschlossenen
Verträge schädliche Bestimmungen oder Lücken enthielten;
der fast gleichlautende Entwurf des preussischen sollte
nach ihren billigen Wünschen modificirt werden. Die Kaufleute
bemängelten zunächst einen Artikel, nach welchem siamesische von
Fremden in Dienst genommene ünterthanen, die einem bestimmten
Herrn gehörten öder Dienst schuldeten und sich ohne dessen Er-
laubniss verdungen hatten, von ihm reclamirt werden konnten.
Nun gehört dem König innerhalb gewisser Grenzen die Zeit und
Arbeitskraft aller Siamesen, auch derjenigen, die nicht seine Hörigen
sind; viele stehen aber auch in lösbarer Knechtschaft von
Privatmännern, theils für Schulden, theils weil sie sich verkauft
haben oder von ihren Eltern verkauft worden sind. Zur rechtlichen
Begründung:solchen Verhältnisses dient die Ausstellung eines Scheines
über die Kaufsumme, den der Herr des- Geknechteten erhält.
Häufig verdangen sich solche Siamesen ohne Erlaubniss ihrer Dienstherren
an Fremde; oft wurde auch die Knechtschaft nur simulirt,
wenn Freien der Dienst bei den Fremden unbequem wurde. Es
kam vor, dass Arbeiter unter dem Schutz jener Bestimmung plötzlich
massenweise reclamirt wurden, woraus den Kaufleuten grösser
Schaden erwuchs. Deshalb entwarf Graf Eulenburg eine Bestimmung
folgenden Inhalts: Siamesische Ünterthanen, welche einem
bestimmten Herrn gehören oder Dienste schulden, sollen sich zwar
ohne dessen Zustimmung nicht verdingen; haben sie es dennoch
gethan, 'so gilt das Dienstverhältniss, sofern im Dienstvertrage
nicht eine noch kürzere Frist verabredet ist, oder der deutsche'
Unterthan den siamesischen Diener nicht sogleich entlassen will, als
nur auf drei Monate eingegangen: der deutsche Unterthan ist dann
verpflichtet, während der genannten Zeit zwei Drittheile des bedungenen
Lohnes nicht an den siamesischen Diener, sondern an Denjenigen
zu zahlen, welchem derselbe angehört oder Dienste schuldet.