
Seele labte ja (1er Duft, und der Bonze h a t es bescheinigt. — Seine
Cigarre rauchend schaut man ungestört dein Treiben zu, und wenn
sie ausgeht, bringt der Bonze, ein Trinkgeld erwartend, höflich die
vor dem nächsten Götzenbild brennende Glimmkerze.
Etwas ehrwürdiger war der Cultus in dem grossen Klostertempel
auf H o- n a n , einer weitläufigen alten Anlage mit labyrinthischen
Höfen und schönen Gärten. Im grossen Hauptgebäude gingen
Hunderte von Bonzen im Gänsemarsch, rythmisch singend, mit ge-
faltenen Händen, in gewundenem Gange vielfach um die Altäre
herum, während einige an hellgestimmte Becken schlugen. Darauf
ordneten sie sich vor den Altären in regelmässige Gruppen und begannen
eine Art Litanei, halb singend, halb redend, mit vielfach
wechselndem Rythmus, theils in Solostimmen, theils im Chor, mit
Begleitung des Gongs, das etwa von Minute zu Minute, bei langsamen
Rythmen seltener angeschlagen wurde. Sehr verschiedenartig
waren die Physiognomieen der Mönche: da gab es ascetische,
phlegmatische, gleichgültige, fanatische, stumpfe und blöde, auch
schlaue und joviale Gesichter; einige trugen den Ausdruck gläubiger
Frömmigkeit.
Wahrscheinlich giebt es in K a n - t o n noch andere Formen
des Cultus; der chinesisch-buddistische ist der vorherrschende, der
tibetanisch - buddistische Lama - Dienst scheint in den südlichen
Landschaften nicht verbreitet zu" sein. -1% Die Moschee der Moslems,
deren in K a n - t o n 30,000 wohnen sollen, steht in der Tartarenstadt,
ein stattliches Gebäude augenscheinlich von hohem Alter, mit
arabischen Anklängen im Innern, nach Mekka gewendetem Mirab
und verfallenem Minaret; sonst ist das Aeussere chinesisch. Ueber
die Gründung dieser Gemeinde fehlen dem Verfasser die Nachrichten;
wahrscheinlich ist sie auf die arabischen Kaufleute zurückzuführen,
die vom 9. bis zum 13. Jahrhundert so zahlreich nach
K a n - t o n kamen.
Die Umgebung der Stadt ist freundlich. Hier und da schneidet
ein Hügelkamm die Ebene. Zwischen den Reisfeldern laufen
erhöhte Pfade hin; Dörfer und Tempel liegen in dichtem Bambusgebüsch
oder schattigen Wäldchen. Eine halbe Stunde flussabwärts
steht auf H o - n a n eine steinerne Pagode von hübschen Verhältnissen;
im Innern sieht man bis in die Spitze des schlanken Bauwerks;
kein Balken, keine Treppe hindert den Blick. Der Standort
auf einem Hügel bietet die schönste Aussicht nach dem b e lebten
Fluss, aus welchem tausend Rinnsale durch die Felder geleitet
sind; nordwärts steigt das Gebirge auf, im Osten der Mastenwald
von W am- poa. — Die eingeborenen Ponies, auf welchen man
diese Ausflüge macht, sind durch die Sicherheit ihres Trittes für
die steinigen Pfade und die schmalen schlüpfrigen Brücken sehr
geeignet.
Die Tage in K a n - t o n vergingen sehr angenehm; von den
Wanderungen zurückkehrend pflegte man auf den hübschen Altanen
auszuruhen-, die vor den Wohnungen der Fremden auf H o - n a n in
den belebten Fluss hinausgebaut sind. Bei Tage war es oft heiss;
der Abend brachte labende Kühlung. — Am Abend des 22. November
machten der Gesandte und seine Begleiter Herrn und Frau
von Carlowitz den Abschiedsbesuch und nahmen die beruhigende
Ueberzeugung mit, dass der Unfall des Consuls auf dem Dampfer
keine bleibenden Folgen haben würde. — Am 23. November Morgens
schifften sie sich auf dem Hankow ein und erreichten nach
angenehmer Fahrt die Rhede von H o n g - k o n o . Am Abend desselben
Tages veranstalteten die Officiere von Fane’s horse ein Tanzfest
in P u k -fa -lum , dem erwähnten Pavillon an der Westküste, wohin
sich die Attachés vom Hankow aus begaben. Ein englisches Kanonenboot
führte die Officiere und das Musikcorps der Arkona an
den Strand, von wo ein steiler Pfad nach P u k -p a - lum hinanführt.
Abends wurde das Hinabklettern halsbrechend.
Der Aufenthalt in H o n g - k o n g schloss unter Festlichkeiten,
wie er begann. — Aus dem Norden trafen alte Bekannte ein, Officiere
der Garnison von T i e n - t s in , dann Graf Kleczkowski und
Herr de Méritens; Letzterer gab die diplomatische Laufbahn auf
und tra t als Zolldirector für F u - ts a u in chinesischen Dienst.
Solche Stellungen locken viele sprachkundige Beamten der fremden
Missionen, da das damit verknüpfte hohe Gehalt ihnen die
Sicherheit bietet, in kurzer Zeit ein Vermögen zu sammeln. —
Am 28. November veranstaltete Graf Eulenburg auf der Arkona
einen Ball, zu welchem die Gesellschaft von P Io n g - k o n g , die Officiere
der Garnison und der auf der Rhede hegenden Kriegsschiffe
eingeladen wurden. ${£- Der Besanbaum und alles Tauwerk wurden
entfernt, das Sonnensegel in grösser Höhe gespannt und das ganze
Deck vom Grossmast bis zum Heck in einen Tanzsaal verwandelt.
Die Wände bildeten bunte Flaggen aller Nationen. Ein Stern aus
Bajoneten zierte den Kreuzmast, zu dessen Seiten königliche