
A r t i k e l 30.
Kriegsschiffen der cöntrahirenden deutschen Staaten, welche
zum Schutze des Handels kreuzen, oder mit Verfolgung von Seeräubern
beschäftigt sind, soll es freistehen, alle chinesischen Häfen
ohne Unterschied zu besuchen.
Beim Ankaufe von Vorräthen, Einnehmen von Wasser und
bei Ausbesserungen, wenn solche nöthig werden, soll ihnen jede
Erleichterung zu Theil und keine Art von Hinderniss in den Weg
gelegt werden. Die Befehlshaber solcher Schiffe sollen mit den
chinesischen Behörden als Gleichgestellte und auf höflichem Fusse
verkehren. Abgaben irgend welcher Art sollen von solchen Schiffen
nicht erhoben werden.
A r t ik e l 31.
Sollte ein Kauffahrteischiff, welches einem- der contrahiren-
den deutschen Staaten angehört, in Folge von Havarieen oder aus
anderen Gründen gezwungen sein, einen Hafen zu suchen, so soll
es in jeden chinesischen Hafen ohne Unterschied einlaufen können,
ohne zur Entrichtung von Tonnengeldern verbunden zu sein. Auch
brauchen von den Waaren, welche es geladen hat, keine Zölle entrichtet
zu werden, falls dieselben nur behufs der Ausbesserung des
Schiffes abgeladen werden und unter Aufsicht des Zollinspectors
bleiben. Sollte ein solches Schiff scheitern oder stranden, so sollen
die chinesischen Behörden sofort Maassregeln zur Bettung der
Mannschaft und Sicherung des Schiffes und der Ladung treffen.
Die gerettete Mannschaft soll gut behandelt u n d , wenn es nöthig
ist, mit den Mitteln zur Weiterfahrt nach der nächsten Consular-
station versehen werden.
A r t i k e l 32.
Wenn Matrosen oder andere Individuen von Kriegs- und
Handelsschiffen eines der cöntrahirenden deutschen Staaten deser-
tiren, so soll die chinesische Behörde, auf Requisition des Consular-
beamten, oder, wenn ein solcher nicht vorhanden ist, des Capitäns,
die erforderlichen Schritte thun, um den Deserteur oder FlüchtlingO
zu entdecken und in die Hände des Consularbeamten oder Capitäns
zurückzuliefern.
Gleichermaassen kan n , wenn chinesische Deserteure oder
wegen eines Verbrechens Verfolgte sich in die Häuser oder auf die
Schiffe deutscher Unterthanen flüchten sollten, die Ortsbehörde
sich an den deutschen Consularbeamten wenden, welcher die nöthi-
gen Maassregeln ergreifen soll, um die Auslieferung derselben zu
bewerkstelligen.
A r tik e l 33.
Sollten Schiffe, welche einem der cöntrahirenden deutschen
Staaten angehören, in chinesischen Gewässern von Seeräubern geplündert
werden, so soll es Pflicht der chinesischen Behörden sein,
alle Mittel zur Habhaftwerdung und Bestrafung der Räuber aufzubieten.
Die geraubten Waaren sollen, wo und in welchem Zustande
sie sich auch befinden mögen, in die Hände des betreffenden
Consularbeamten abgeliefert werden, welcher sie an die Berechtigten
gelangen lassen wird. Kann man wreder der Räuber hab haft
werden, noch sämintliche geraubte Gegenstände wieder erlangen,
so sollen die chinesischen Behörden den chinesischen Gesetzen
gemäss bestraft werden, ohne zum Ersatz der geraubten Gegenstände
verpflichtet zu sein.
A r t i k e l 34.
Will sich ein Unterthan eines der cöntrahirenden deutschen
Staaten an eine chinesische Behörde wenden, so muss er seine Vorstellung
dem Consularbeamten einhändigen, welcher sie, je nachdem
er sie in der Sache begründet und in der Form passend findet,
weiter befördert, oder zur Abänderung zurückgiebt.
Will ein Chinese sich an ein Consulat wenden, so muss er
denselben Weg bei der chinesischen Behörde einschlagen, welche
in derselben Art verfahren wird.
A r tik e l 35.
Wenn ein Unterthan eines der cöntrahirenden deutschen
Staaten Ursache zur Beschwerde über einen Chinesen h a t, so soll
er sich zuvörderst zu dem Consularbeamten begeben und ihm den
Gegenstand seiner Beschwerde auseinandersetzen. Der Consular-
beamte, nachdem er die Angelegenheit untersucht h a t, wird sich
Mühe geben, dieselbe gütlich auszugleichen. Ebenso wird der Con-
sularbeamte, wenn ein Chinese sich über einen Unterthan eines der
cöntrahirenden deutschen Staaten zu beschweren h a t, ersterem
williges Gehör schenken und eine gütliche Einigung herbeizuführen
suchen. Sollte eine solche aber in dem einen oder anderen Falle
nicht gelingen, so wird der Consularbeamte die Mitwirkung des betreffenden
chinesischen Beamten in Anspruch, nehmen, und beide