
die Sonnengluth des Tages geschützt, je tz t labende Kühlung bot;
um Luft zu geben, wurden Abends die Matten theilweise aufgerollt,
die Sterne funkelten herrlich durch die Lücken; der Hof glich
einem ungeheueren, von hohen Masten getragenen Zelt.
Folgenden Tages heim Frühstück war Herr Bruce etwas
nachdenklich. Eben von einem Spazierritt zurückgekehrt, erzählte
e r, dass vor den Thoren die Garnison von P e - k i n im Feuer
manövrire, was bisher niemals geschehen sei. Auf seine Frage
nach der Veranlassung hatte man ihm gesagt, es sei auf den
preüssischen Gesandten gemünzt, der ohne Erlaubniss nach der
Hauptstadt kommen wolle.' Nachher erzählte Herr Bruce, Prinz
K u n sei über unsere Ankunft und die Aussicht, dass Graf Eulenburg
folgen werde, ganz ausser sich gerathen; er habe dem Minister
W e n - s ia n , der zugleich Chef der Gensdarmerie war, wegen unseres
Eindringens bittere Vorwürfe gemacht, auch den gemessenen Befehl
ertheilt, dem preüssischen Gesandten durch Schliessen der
Thore oder andere Schritte, nöthigenfalls mit Gewalt den Eintritt
in die Hauptstadt zu verwehren. Zwar könne man bei Chinesen
niemals wissen, ob sie ihre Drohungen ausführten, es scheine ihm aber
bedenklich, es darauf ankommen zu lassen. Seiner Ansicht nach hätte
Graf Eulenburg besser gethan, von T i e n - t s in aus die Erlaubniss
zur Reise nachzusuchen. — Der Attaché von Brandt stellte Herrn
Bruce vor, dass sie Graf Eülenburg’s letztes Mittel sei, dass er sich
deshalb einer ablehnenden Antwort nicht habe aussetzen dürfen
und die ihm nach dem Völkerrecht zustehende Befugniss des Eintrittes
in die Hauptstadt in Anspruch nehme..’aüiDa jedoch eine Collision
unbedingt vermieden werden musste, so beschlossen wir, dass ich
am folgenden Morgen dem Grafen, den wir unterwegs glaubten,
entgegenreiten und die Lage der Dinge mittheilen sollte.
Herr Bruce hatte keine bestimmte Aeusserung gethan über
die Stellung, die er den kommenden Eventualitäten gegenüber einzunehmen
denke; ich bat ihn deshalb um eine Unterredung. Der
Gesandte besprach zunächst die politische Lage. Die den Kaiser
umgebenden Staatsmänner, welche denselben zur Flucht vermocht
hätten, wünschten nur die Vertreibung der Fremden. Einstweilen
komme es darauf an, dass die Gesandten sich einige Jahre in P e -
k in hielten und bewiesen, dass sie nicht seegeborene Ungeheuer, ■
wie die Mehrzahl der Chinesen noch immer glaubten, sondern
Männer von strengem Rechtsgefühl seien, deren Anwesenheit der
Regierung Vortheil bringe und den gesetzmässigen Betrieb des
Handels verbürge. Deshalb dürften sie nichts verlangen, was über
die Bestimmungen der Verträge hinausgehe. Auf gemeinsam geübte
Pression würde die chinesische Regierung wahrscheinlich den
gewünschten Vertrag schliessen; dann sei aber die Stellung des
Prinzen und d e s , Ministers W e n - s ia n gefährdet, deren Einfluss
allein eine gedeihliche Entwickelung des Verkehrs erwarten liesse.
Deshalb könnten die Gesandten den Prinzen nur auf Preussens
Stellung als Grossmaeht und den Vortheil hinweisen, welchen die
Anwesenheit seines Vertreters der chinesischen Regierung bringen
müsse. Chinesen aber eine neue Idee einzutrichtern, sei hoffnungslos,
und deshalb die Erfüllung der preüssischen Forderungen sehr
zweifelhaft. Hätte Graf Eulenburg von T ie n - t s in aus dem Prinzen
geschrieben, dass er mit den Commissaren nicht einig werde und
ihn selbst zu sprechen wünsche, so wäre solches Verlangen, von
den Gesandten unterstützt, gewiss erfüllt worden. Noch immer sei
das Beste, von T i e n - t s in aus in diesem Sinne zu handeln. — Ich
erwiederte, dass unter den waltenden Umständen andere Auskunft
gefunden werden müsse; Graf Eulenburg sei gewiss schon auf dem
Wege und werde nicht umkehren. Nun entspann sich ein mehrstündiges
Gespräch, in welchem Herr Bruce das sichtliche Verlangen
zeigte uns beizustehen, woran ihn wjohl nur seine Instructionen
und das Gefühl der auf ihm lastenden Verantwortung hinderten.
Es handelte sich darum, dass der preussische Gesandte nach Pe-^
k in käme, ohne die Erlaubniss der chinesischen Behörden einzuholen;
denn die Möglichkeit der Abweisung musste ausgeschlossen
werden. Aber grade hier lag der Haken. — Nach Ablehnung
mannigfacher Vermittelungsvorschläge versprach Herr Bruce mir
endlich Folgendes: wenn Graf Eulenburg unterwegs, — etwa in
T u n - t s aü , — einen Tag verweilen und von da dem Prinzen in
höflichem Schreiben seine nahe Ankunft melden w o lle , so werde
Herr Bruce demselben die Unziemlichkeit der Weigerung so dringend
vorstellen, dass sie unmöglich würde. Auch dafür versprach
er zu sorgen, dass der Träger von Graf Eulenburgs Schreiben in
die Stadt gelassen würde.
Nachmittags machte ich unter freundschaftlicher Führung
des englischen Attache Herrn Wyndham einen Spazierritt durch
die kaiserliche Stadt. — Unterdessen tra f Herr von Brandt in dem
gemietheten Hause weitere Anordnungen; es wurde grade rüstig