läge sehr zweifelhaft. Das kleine Fahrzeug wurde schlecht
gesteuert, kam quer vor die Strömung, als es um jenen
Vorsprung herumfuhr und kenterte im nächsten Augenblick.
Lieutenant Kallina ertrank, sein Name verblieb aber jenem
gefürchteten Vorgebirge, welches übrigens noch jetzt im
Besitz der ursprünglichen In h ab er, der Häuptlinge von
Kinschascha, sich befindet, die bis zum heutigen Tage weder
an Stanley noch an de Brazza ihre Ansprüche haben abtreten
wollen. 1
Die Umwohner des Stanley-Pool gehören zur Rasse der
Bateke, scheinen aber erst neuere Ankömmlinge zu sein,
welche die ältern Bewohner beraubt und ins Innere vertrieben
oder zu Sklaven gemacht haben. Wo die Bateke sich niedergelassen
haben, am südlichen wie am D ' östlichen Ufer des
Kongo, überall bilden sie lediglich Uferk,olonien, ohne ihre
Ansiedelungen viele Meilen weit von seinen Ufern auszudehnen.
Die hauptsächlichsten Negerfürsten .um den Pfuhl sind:
Bab Ndschali, der Landherr de Brazza’s, welcher über Mfwa
und den untern L au f des ungestümen Gordon Bennett, oder
Dschue-Flusses herrscht; Ngaliemma, der F ü rst von Ntamo
und vom Landstrich um Leopoldville; drei mächtigere Fürsten
in und bei Kinschascha, von welchen der eine, Bankwa, den
Europäern sehr abgeneigt ist; und dann lebt noch ein grösser
Häuptling, der glücklicherweise freundlichere Gesinnungen
gegen uns hegt, zu Kimpoko, wo die Expedition eine
blühende Station besitzt. Mit dem Fürsten Ngaliemma kommt
Stanley am meisten in Berührung, weil Leopoldville auf dem
von ihm gekauften Lande liegt, und er der nächste und
nicht og erade anogenehmste Nachbar der Station ist. Zuerst
1 Eben verlautet, dass man Stanley erlaubte, dort eine Station anzulegen.
versuchte er es, den Renommisten herauszukehren, bis er
einsah, wie wenig seine Streitmacht von 150 Gewehren
einem Angriff auf Leopoldville gewachsen war. Je tz t spielt
er abwechselnd den weinerlichen Bittsteller, den trotzigen
Nachbar oder den verschmitzten Intriguanten. E r ist ein
Mensch von ziemlich festem Charakter und entschlossenem
Willen, da er sich vom Stande eines blossen Sklaven zu dem
eines mächtigen Häuptlings von Sklaven emporgeschwungen
hat. Die Stadt Ntamo oder Kintamo (die Vorsatzsilbe
„K i“ bedeutet District) wurde von ihm gegründet und angelegt,
und seitdem hat er sich ungeheuere Schätze durch
den Elfenbeinhandel gesammelt. Fast das gesammte Elfenbein,
welches durch die Bajansi-Händler vom Aequator
heruntergebracht wird (diese empfangen es von den Bangala
und letztere wiederum von entfernten Stämmen im tiefen
Inn ern ) kommt auf seinen Markt und geht durch seihe
Hände weiter nach Lutete und Säo Salvador.
Ich verliess Leopoldville gegen Ende F ebruar, d. h. um
die Mitte der Regenzeit, in einem grossen Leichter oder
Walfischboot, welches von einer handfesten Mannschaft von
Sansibarern gerudert wurde, um den Kongo bis Bolobo
hinaufzufahren, .einem grossen Negerdorf ungefähr 350 km
oberhalb Stanley-Pool, wo kürzlich die äusserste Station
der Expedition angelegt ist.
Unsere Abreise wurde wie üblich durch einen Regenguss
einÖa eleitet,7 welcher nach seiner Gewalt und Dauer freilich
fast ungewöhnlich zu nennen war, mir aber rasch zeigte,
wie wenig wir fü r die Bedürfnisse einer tropischen Regenzeit
vorbereitet waren. In einem grossen offenen Boot, ohne
irgendwelchen ändern Schutz als ein hastig übergeworfenes
Segel, welches die Regenwasserströme in seinem Bauche
nur auffing, um sie auf unsere Schultern zu ergiessen, wenn