durch ihren leichtfüssigen Gegner, den W in d , von dem
blauen Himmel weggefegt werden und der Himmel fü r eine
Zeit lang wieder klar und heiter erscheint. Aber das dauert
nicht lange: während ich mein Frühstück im Schatten einer
Palmengruppe einnehme, wird die L u ft erstickend schwul;
über dem Wasser hegt der schimmernde Wiederschein der
Hitze, die Krokodile auf den entfernten Sandbänken schnappen
mit weitgeöffnetem Rachen nach Luft, die Fliegen vergessen
zu beissen, die Vögel und Insekten hören auf zu zirpen —
achtungsvolles Schweigen herrscht ringsum. Da ist etwas
im Anzuge, jedes lebende Wesen fü h lt den Waffenstillstand
und den bevorstehenden Kampf. Faradschi kommt zu meinem
Unterschlupf und auf einen Streifen offenen W assers deutend,
da wo der Kongo den Himmel berührt, zeigt sein Finger
nach einer kleinen dunkeln Nebel- oder Regenwolke, welche
gestaltlos und bisjetzt noch schmal begrenzt ist. Sie ist die
Vorhut einer Achtung gebietenden Armee der wohl geschulten
Heerkörper des Sturmfeindes, welcher in seinem Kampf um
die Herrschaft des Himmels jetzt seine äussersten Kräfte
einsetzen will. Die frühem Wolken waren, mit ihnen verglichen,
nur leichte Plänkler, auf deren Bewegungen selbst
meine wetterkundigen Sansibarer nicht Acht gaben; jetzt
aber kommen sie alle zu mir heran, obwol der Himmel
noch überall ein fleckenloses Blau mit einziger Ausnahme
des dunklen Tüpfelchens am östlichen Horizont zeigt und
rufen mir mit besonderer Betonung zu: „es gibt Regen.
Da ich fürchten musste, durch den heranziehenden Sturm
fü r die übrigen Stunden des Tages von Msuata abgeschnitten
zu werden, und vielleicht eine Nacht in diesen feuchten und
triefenden Wäldern zubringen zu müssen, so dachten wir
nur noch daran, von einer kurzen Spanne freier Zeit Vortheil
zu ziehen und über den Kongo zu setzen, bevor die
Elemente unsere Ueberfahrt hindern würden. Die Zeichen-
geräthe wurden deshalb rasch zusammengepackt, das Zelt
abgeschlagen und aufgerollt, der Rest des Frühstücks den
Ameisen und Vögeln überlassen, das Kanoe rasch flott ge-
macht — und fort rudern wir aus unserm kleinen stillen Hafen
in den freien Kongo hinaus. Wie der W in d sich aufmacht!
In fü n f Minuten ist aus dem Nebel eine schwarze rings
um den Horizont dicht gedrängte Wolkenmasse geworden.
Der entfernteste Saum des Wassers sticht in Unheil drohendem
Weiss gegen die schwarze Wolkenbank darüber ab;
aber noch haben wir Zeit. W ir rudern mit fieberhafter
Anstrengung -— ja, w ir , denn auch ich bemühe mich mit
gemessenen Ruderschlägen die Geschwindigkeit zu vermehren.
Sollen wir denn nie über den meilenbreiten Strom
kommen?
Da gehts los, das Artilleriefeuer beginnt. In weiter E n tfernung;
blitzt und leuchtet es ab und zu auf. Bisjetzt bleibt
es aber noch still. IV ir sehen den Blitz, hören aber den
Donner nicht. Das Wasser gleicht einer festen Glasmasse;
rechts von uns lächelt es uns noch blaufarben zu, aber
sturmwärts sieht es düster grau aus, je ferner desto dunkler.
Horch, da erschallt der Donner, erst leise murmelnd, aber
untermischt mit gelegentlichen vereinzelten Schlägen und
einem Wiederhall wie von einzelen Schüssen. Ein Drittel des
Himmels ist schon von einem Schleier gleichmässig schwarz-1
grauer Wolken bedeckt, nur an einer Stelle von einem
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kleinen weisslichen Flecken unterbrochen, in welchem ein
phantasiereiches Auge wol einen General auf weissem Pferde
erkennen könnte, der die Bewegungen der grossen zusammengedrängten
feindlichen Scharen leitet.1 O D Der Rand der Sturmwolke
ist zerrissen, unregelmässig, zerzaust, und erstreckt
sich mit seinem ungeordneten Saum schnell bis über unsere
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