Häupter. Dann leuchtet ein heller Blitz auf, über die ganze
Wolke ergiesst sich ein blendendes Lichtmeer, und ihm
folgt ein alles derartig erfüllendes Donnergerolle, dass wir
unwillkürlich erbeben.
Die Stunde der Gefahr rückt schnell heran und doch
reo-t sich, dank dem gemessenen Fortschreiten des Sturms,
noch nichts in der Natur ringsum. Das Wasser ist spiegelglatt,
das Laub der nähern Uferbäume 0 7 noch nicht bewegt
von dem. leisesten Lufthauch. W ir haben drei Viertel der
Ueberfahrt bewältigt, werden wir den Rest unangefochten
zurücklegen?- Ach nein! es ist zu spät — der Wind kommt,
und Faradschi, der' die entfernten Wellen zuerst erblickt,
seufzt in sich hinein „O Mohammed, du Prophet Gottes,
hilf uns!“ J e tz t ist er bei uns, er ist da! Die Leute
werfen sich p latt auf den Bootsboden nieder, um dem
fürchterlichen WindstosS keinen Angriffspunkt zu bieten,
welcher das Kanoe beinahe umstülpt und die weissköpfigen
Wellen zu uns herantreibt, die eifrigst bemüht uns zu verschlingen
übereinander herstürzen. Aus ihrer liegenden
Stellung vergraben die Leute indessen ihre Riemen tief ins
Wasser, um sich einen Weg zu der rasch sich nähernden
Küste zu bahnen, wobei der von hinten einfallende Wind
ihnen etwas behülflich ist. Werden wir ihm entkommen?
Es scheint fast nicht möglich: Eine hohe Regenmauer rauscht
heran, über den Fluss auf uns zu, erreicht, umgibt und
überwältigt uns beinahe. Ich fühle mich von den Wassermassen
erdrückt, mein Athem vergeht mir, ich werde auf
den Boden des Kanoes geworfen, auf dem die erschöpften
Leute bereits liegen, gefühllos in stumpfer Ergebung.
Ich kann vor dem blind machenden Regen nichts mehr
unterscheiden, glaube aber plötzlich einen Schrei der Verzweiflung
dicht neben mir zu hören. Au f einmal stossen
wir gegen einen Baumstamm und sehen uns dann gestrandet
auf dem Ufer, wohin uns schliesslich der Wind getrieben
hat und wir sind geborgen. Unter Ausrufen der tiefsten
Dankbarkeit gegen ihren Propheten springen die Leute
aus dem Boot, Janssen ergreift mich bei der Hand und
zieht mich das schlammige Ufer hinauf unter, steten Glückwünschen,
dass wir so gut davongekommen sind. Ende gut,
Alles gut!
In Afrika werden bestandene Gefahren bald vergessen.
Nachdem ich meine Kleider gewechselt und etwas heissen
Kaffee getrunken h a tte , empfinde ich kein Ungemach mehr,
ausser der Hitze nach dem kalten Regenbad, und vergesse
beinahe, dass erst vor einer halben Stunde ich mich dazu ver-
urtheilt glaubte, die Krokodile des Kongo zu füttern. Wie
ich noch meinen Kaffee schlürfe und mit Janssen über den
Leopard der vergangenen Nacht plaudere und wie derselbe
am besten zu erlegen sei, bemerke ich in den von den Rauten
meines Fensters begrenzten Blinken des Himmels die Anzeichen
des sich nahenden Friedens. Der Sturmwütherich,
den die Sonne hervorgelockt, wird durch dasselbe Gestirn
beschwichtigt, und seine auseinandergesprengten Bataillone
werden, zerrissen und zerzaust wie sie sind, von dem stets
wechselnden Winde fortgetrieben, diesem wankelmüthigen
Gehülfen, der sich in der Stunde der Gefahr stets gegen
euch wendet. Bald herrscht tiefe Stille. Die Sonne bescheint
strahlend die Regenlachen, erhellt die thränenvollen
Gebüsche und der Boden ist mit Blättern und Zweigen bedeckt,
den „debris“ des Waldes, die vom Wind hierhin und
dorthin geweht wurden.
Der spätere Nachmittag wird schön und mollig. Die
L u ft ist von köstlicher Frische, der Himmel zeigt eine blasse
ausgewaschene Bläue und die sinkende Sonne lässt uns den