lichkeiten der Hochwasser zu verringern. Dieses Dorf
glaubte Stanley auf seiner ersten und berühmten Thalfahrt
des Kongo von Flusspiraten bewohnt, indem er die friedlichen
Absichten der Einwohner misverstand, und infolge davon ist
es als „Pira tendorf“ in deutschen Karten eingetragen. 1
An der Mündung des Wabuma-Flusses, welcher, beiläufig
gesagt, aus dem See Leopold II. entspringt, den von Angola
kommenden grossen Kwango aufnimmt und in etwa 8° 20' s.B. 2
1 Es ist nicht sicher, oh nicht Stanley gute Gründe für seine erste
Bezeichnung von Gantsehu’s Dorf hatte. Nachdem mir in den letzten
Tagen die Ehre einer genauen persönlichen Bekanntschaft mit Gantschu
geworden ist, kann ich wohl begreifen, dass er zu einer kleinen stillen .
Seeräuberei an einem vorbeifahrenden schwachen Keisenden fähig war.
Es ist ja ganz hübsch von ihm, sich jetzt im Jahre 1883 zu unver-
löschlicher brüderlicher Liebe zu dem grossen und mächtigen „Bula
Matadi“ zu bekennen, aber ich bin nicht sicher, ob nicht im Jahre 1877,
als der vielgeplagte, halbverhungerte Stanley den unbekannten Strom
hinunterglitt, Gantschu geneigt gewesen ist, ein wenig Raub zu versuchen.
Indessen dem mag sein wie ihm wolle, er ist jetzt ein höchst-
tugendhafter, achtungswerther, gesetzliebender Mann, ganz geeignet
zu einem Kirchenältesten, vielleicht mit einer kleinen Neigung zu überflüssigem
Ceremoniell — aber ängstlich darauf bedacht, jedem „Mwana
Bula Matadi“, jedem „Kind von Stanley“, einen gastfreien und freundlichen
Empfang zu bereiten.
2 Der Wabüma-Kwango-Fluss ist bei seinem Einfluss in den Kongo
ungefähr so hreit als der Main bei Mainz. Die Landschaften, und
Flussbilder längs der Ufer dieses Nebenflusses sind hübsch, schattiges
Wasser und reichen Wald bietend, im übrigen aber, zumal in Betracht
der Wassermenge des mächtigen Flusses, nicht sehr imposant. Die
Mündung des Wabuma-Kwango ist für die Schiffahrt wenig günstig, da
längs des einen Ufers eine lange Sandbank, längs des ändern ein Felsenriff
sich erstreckt und der Fluss mit grösser Geschwindigkeit durch
den zwischenliegenden gewundenen engen Kanal hindurchströmt. Der
obere Lauf des Wabuma hat grosse Aehnlichkeit mit dem des Kongo.
Hervorkommend aus dem See Leopold II., einer ausgedehnten Wasserfläche
von ungefähr 110 km Länge, weitet er sich mächtig aus über
eine flache Gegend dichten Waldgrundes und ist erfüllt von vielen
Inseln. Er verengt sich wieder, wo er den grossen Kwango aufnimmt,
sich in den Kongo ergiesst, liegt ein grosses volkreiches
Dorf der Bajansi, die erste feste Niederlassung dieses unternehmenden
Stammes, welche man auf der Reise den Kongo
hinauf antrifft. Gerade am Zusammenfluss des Wabuma und
Kongo führt, vom Wasser aus sehr malerisch anzusehen, eine
breite Allee zu einem Hain von Qelpalmen und Bananen,
zwischen denen massive, behäbig aussehende Häuser verstreut
lie gen; aber der günstige Eindruck geht beim Landen sofort
verloren, da man einen schrecklichen schwarzen, stinkenden,
mit verwesendem Abfall erfüllten Schlammgrund zu passiren
hat. Die Leute sind natürlich zu unserer Begrüssung versammelt,
auch der Fü rst ist da, angethan mit rostig rothem
Gewände, aber nicht halb so gut aussehend, wie mancher
seiner Unterthanen. Die Rasse hier ist von besserm Aussehen,
als ich bisher am Kongo gefunden habe. Einige
dieser Männer sind vollkommene griechische Statuen, was
die vortreffliche Entwickelung und Haltung der Gestalten
anbelangt. Sie haben einen gefälligen Gesichtsausdruck,
weil eine gute Laune ihre Züge belebt. Eine andere be-
merkenswerthe Eigenthümlichkeit bildet ihr vergleichsweise
stark entwickelter Haarwuchs, besonders auf dem Kopf, aber
in frühem Lebensjahren.auch über den ganzen Körper, wenn
auch diese Leute zur Zeit der Geschlechtsreife vollkommen
haarlos sind, weil sie wie die meisten Neger das Wachsen
der Haare am Leibe aufs äusserste hassen, jeden sich zeigenden
Haarstrang ausreisgen und kaum dem Bart das Wachsen
gestatten. Dagegen wird als „Revanche“ das Kopfhaar stark
gepflegt und dasselbe erreicht wirklich eine , ' ,v . . erstaunliche LänoÖ-e
die Mündung aber' dieser beiden grossen vereinigten Flüsse ist für
ihre Grösse nicht sehr bezeichnend. Ihre Gewässer fliessen auch wie
Main und Mosel längere Zeit neben dem Kongowasser her, ohne sich
mit ihm zu vermischen.