meine schmerzhaft juckende Haut zu verbergen. Schwarze
blutsaugende Fliegen, kleine Geschöpfe, noch winziger fast
als eine Mücke, gehören zu den schlimmsten Quälgeistern in
einigen Theilen dieser Katarakten-Gegend. Sie sind weder
so störend am untern Fluss unterhalb der Fälle, noch in
dem offenen Waldlande oberhalb Stanley-Pool. Die erste
Nacht lagerten wir nach einem Marsche von 18 km von
Vivi an dem kleinen Flusse L o a in einer Gegend, die etwas
rauh und steinig war, obgleich in den tiefen Schluchten
dichter Waldbestand vorherrschte. Hier wuchsen im Ueber-
fluss grosse dichte Gebüsche von Camoensia, einer Pflanze
•mit, schönen, pendelartig herabhängenden, milchweissen Blüten
mit' goldgelbem Mittelpunkt und mit höchst zarten, unvergleichlich
schön gestalteten Kelchblättern, die von einem
schmalen dunkelbraunen Strich umsäumt sind. Die Camoensia
1 ist ein Glied der grossen Familie der Leguminosen
oder Hülsengewächse, sie hat aber keine Verwandten in Afrika
oder sonstwo. Sie wurde zuerst von Welwitsch entdeckt
(dem grossen deutschen Naturforscher, der so reichlich zu
unserer Kenntniss der südwestafrikanischen Flora beigetragen
h a t) und zwar in Angola, und dieser benannte die ebenso
liebliche als zarte Pflanze in ganz angemessener Weise nach
dem grossen Dichter seines' Adoptiv-Vaterlandes Portugal,
in dessen Diensten Welwitsch stand. In stiller warmer
Nacht wird der an die Gewürznelken erinnernde Geruch
ihrer Blumen fast überwältigend, indessen ist nichts Narkotisches
oder Krankmachendes in ihrem Duft.
Am nächsten Tage machten wir den Frühstückshalt in
einem grossen Dorfe, S a d ik a B a iis a , der letzten Ansammlung
von Wohnungen, welche wir auf unserm W ege antreffen
1 Camoensia maxima, s. Abbild, zu Anfang des XII. Kap.
würden. Es war eine grossartige Stadt, welche durch Hecken
von Euphorbien in verschiedene grosse Vierecke zertheilt
war. Obwol der Häuptling etwas grausam gegen seine
Unterthanen sein soll — man sagt ihm sogar das Abhalten
von Menschenopfern nach —, so ist er doch gegen die Europäer
unendlich höflich und gleicht darin gewissen östlichen
Potentaten, welche vornehme Fremde mit so ausgesuchter
Gastfreundschaft empfangen,- dass sie sich verpflichtet fühlen,
die Leiden der Völker derselben zu übersehen.
Das Oberhaupt von Sadika Banza sandte mir gleich
nach der Ankunft Eier, Bananen und Geflügel. Das Geflügel,
einen etwas bejahrten Hahn, gebrauchten wir nicht
sogleich und banden ihn deshalb mit dem Bein an einen
Zeltpfahl. Während er sich so gefesselt befand, nahmen alle’
ändern Dorfhähne den gemeinen Vortheil wahr und rückten
zum Kampfe an. Es würde von diesem Hauptgeschenk
wenig übrig geblieben sein Ä- halb zerpflückt war der Hahn
schon —, wenn ich nicht eingeschritten wäre und ihn mit
ins Zelt genommen hätte. Zwischen diesem Thier und mir
entstand nun eine zunehmende Zärtlichkeit. Zunächst war
es mir zuwider, den Hahn aufzuessen, weil er so mager und
zähe war; dann wurde der Hahn allmählich ein anerkannter
Liebling, der die Erlaubniss hatte, jede Nacht in meinem
Zelt zuzubringen. Tagsüber, während des Marsches, sass er,
an die Kochtöpfe festgebunden, auf dem Kopf eines Sansi-
barers; aber sobald die Karavane halt machte, wurde dieser
Gallus africanus losgebunden und er lief dann um das Lager
herum, wo er alle Arten unaussprechlicher Delikatessen in
dem dichten Grase fand, auf welche er freudig die Aufmerksamkeit
eines Harems von nur in der Phantasie vorhandenen
Hennen zu lenken suchte. In jedem Dorfe, in
welchem wir ausruhten, gab er kühne Gefechte mit den
J o h n s t o n , Der Kongo. 6