Trennung von meinen drei treuen Begleitern, mit denen
meine letzten afrikanischen Wanderungen so unlosbar und
glücklich verbunden gewesen waren. Von dem Tage an, als
ich diese Leute zuerst in der Vorhalle von Stanley’s Haus
zu Vivi erblickt hatte, war zwischen uns eine wirkliche
o'eirenseiticfe Neigung entstanden. Diese Leute waren mir o Ö O o . o
mehr als blosse Diener; sie waren meine Freunde und Vertrauten,
welche meine Freude theilten, wenn ich lustig war,
und nachsichtig meine Laune ertrugen, wenn ich verdriess-
lich war; welche mich nährten, wenn ich krank war, für
mich wuschen, für mich kochten und mir meine Kleider ausbesserten;
welche über meine Interessen wachten, mich nie
um einen Pfennig betrogen oder nur je eine Unwahrheit
sagten. Wenn Faradschi, Mafta und Imbono als gute Ver-
tre ter der semitisch angehauchten Negerbevölkerung Ostafrikas
gelten dürfen, so wird nach meiner Ansicht diese O J
Mischrasse dazu bestimmt sein, bei der Aufschliessung von
Afrika wichtige Dienste zu leisten. Die Beimischung arabischen
Blutes und arabischer Cultur gibt den Suaheli eine
Festigkeit und Männlichkeit, welche selbst den besten Rassen
der ungemischten Negerstämme abgeht. Die Kongovölker
z. B. sind in der Regel liebenswürdig und sanftmüthig, aber
im Grunde kann man selten auf sie bauen. Es liegt so etwas
ungemein Kindisches in dem Charakter der Neger. Liebe
zum Schwatzen, das Verlangen, bei jeder Gelegenheit sich
auf die erste Stelle zu drängen, eine Naivetät des Betragens,
welche zuweilen sehr belustigend ist, dann aber auch wieder
höchst lästig wird, wenn man nicht länger belustigt sein will
und nach etwas Verlässlichem ausschaut, als nach blos einfacher
Denkweise. Alle diese Züge findet man in denjenigen
schwarzen Rassen Afrikas, welche aus dem reinen Negeroder
Bantu-Stamme herrühren; dagegen findet man in dem
halbsemitischen Volke von Sansibar Männer von Gedanken
und Ueberlegung, welche man als Rathgeber und Vertraute
benutzen kann; Männer, welche wirklich einer eifrigen Dienstleistung
und einer uneigennützigen Zuneigung fähig sind, und
für welche Dankbarkeit ein Gedanke ist, der sowol ihrem
Verstände als ihrer Zunge geläufig werden kann.
An Bord des Postdampfers „Portugal“ angekommen, befand
ich mich nach mehrmonatlicher Abwesenheit ausserhalb
der Grenzen der Civilisation einmal wieder zwischen modisch
o-ekleideten Menschen. Frisch von Europa und zum ersten
mal auf ihrer Reise den afrikanischen Continent berührend,
beschauten sie mich neugierig, wie ich in meinem zerlumpten
Aufzuge und in schwerfälligen Stiefeln auf dem Deck
umherging, und ich wurde wirklich recht empfindlich über
ihre Musterung. Faradschi, Mafta und Imbono hatten mir
zum letzten mal die Hand gedrückt und das Boot, welches
sie zurückführte, verschwand rasch a,us meinen Augen in
den Abendnebeln, welche die sumpfige Küste einhüllten; die
Krujungen, welche mich von Vivi her begleitet hatten, waien
auch fortgegangen, um eiligst ihre kleinen Geldgeschenke zu
vergeuden, die ich ihnen gegeben hatte; ich fühlte mich einsam
und verlassen — etwa wie ein gefallener Potentat. Hier
waren Menschen, die, weit entfernt vor meinen Stirnrunzeln
zu erschrecken, unbeweglich mich anstarrten und meine
Eigenthümlichkeiten mit ihren unverschämten Lorgnetten
ruhig beäugelten. Die Aufwärter waren alles andere als
unterwürfig und erkundigten sich bedeutungsvoll nach meinem
Billet erster Klasse. Ich durchwühlte indessen meine vom
Wetter stark mitgenommenen Koffer und fand in ihnen einige
Ueberreste respectabler Kleidungsstücke, wie sie etwa fü r
einen anständigen armen Mann passen würden; als ich mich
jedoch am Ende einer langen Table-d’hote neben den pikfeinen
Johsston, Der Kongo. 18