Es war sehr feucht und nass in Pallaballa. Jeden
Morgen und Abend umgab ein dicker Nebel alles, machte
jeden Gegenstand klammig anzufühlen und den Ort ungesund.
Es gab vier Könige oder Häuptlinge in der Umgegend,
Kongo-Mpaka, Nikiangila, Tantia, und einen kleinen
Ju ngen, dessen Namen ich vergessen habe. Kongo-Mpaka
ist der vornehmste von ihnen und leistet nur dem König
von Kongo in Säo Salvador Gehorsam. K u r z ' vorher hatte
eine der Königinnen dieses Königs von Kongo eine Art
Reise durch ihre Besitzungen gemacht und war mit grösser
Achtung in Pallaballa empfangen worden. Der Ortsdialekt
ist eine sehr reine A rt des Fiote 1 oder der Kongo-Sprache,
welche von Europäern schon seit den Tagen von Brusciotto
(1659), Proyart (1776) und Canecattim (1806) studirt wurde.
Das Portugiesische ist in dieser Sprache stark vertreten wie
das im Anhang gegebene Wörterverzeichniss lehrt, und vielleicht
sind in Pallaballa mehr Wörter aus dieser Sprache in
allgemeinem Gebrauch als weiter nach dem Norden zu; dies
braucht freilich nicht Wunder zu nehmen, wenn wir bedenken,
dass Portugal vier Jahrhunderte hindurch einen
vorherrschenden Einfluss, sowol in religiöser, als in politischer
Beziehung, in diesen Landen ausgeübt hat.
In Pallaballa waren die Eingeborenen zur Zeit meines
Besuchs geneigt unverschämt zu werden und selbst angriffs-
weise gegen Weisse vorzugehen, aber während der letzten
Monate meines Aufenthalts am Kongo änderten sie ihren
Ton infolge der commerziellen Beziehungen zu Stanley’s
Expedition.
Sie sind sehr abergläubisch und fü r jeden Gestorbenen
machen sie jemand „ndokki“ (oder „vom Teufel besessen“),
1 Fiote bedeutet ursprünglich das „Yolk“, die „Masse“.
Pallaballa u■nsdc Jellala. • / 57
und lassen ihn das „Casca“ -G i f t1 essen. Dies wird gewöhnlich
nur so bereitet, dass es wie ein starkes Brechmittel
wirkt, weil man annimmt, auf diese A rt werde das
Schlachtopfer den Teufel „heraufbringen“ und ihn mit der
Galle auswerfen. Sie halten grosse Stücke auf ihre „Nkimba“,
und an der Südseite des Flusses, auf welcher Stanley’s Einfluss
noch nicht so fest begründet ist als in der Nähe von
Vivi, ist es fü r den weissen Mann gefährlich diese Fanatiker
zu beleidigen, weil sie ihn mit ihren langen Stocken und
Stäben zum Entgelt für eingebildete Missachtung grausam
schlagen würden (wie sie schon einem jungen Mitgliede der
Livingstone-Mission mitspielten). Die Nkimba machen höchst
wahrscheinlich die Beschneidung und Einweihung in die Ehegebräuche
durch und sind von jedem Alter, Knaben von elf
und Männer von vierzig Jahren; aber gewöhnlich unterziehen
sich junge Leute der „Nkimbaschaft“ . Eine vollständigere
Beschreibung ihrer Ceremonien und Gebräuche findet sich
im sechzehnten Kapitel.
Die Bevölkerung von Pallaballa mag in dem Rufe stehen,
das Christenthum zu „begünstigen“, sie ist aber nach ihrer
geistigen Veranlagung nicht im geringsten im Stande, diese
Religion zu verstehen. Wenn der Missionar eine Sonntagspredigt
in dem Hause des Königs Kongo-Mpaka h ä lt, so
gaffen 20— 30 Müssiggänger in heiterer Stimmung hinein,
um zu sehen was vorgeht, ganz wie wir uns ihre Ceremonien
anschauen. Sie betragen sich sehr gut und ahmen mit
jener genauen Mimik, welche nur der Neger besitzt, alle
1 Dieses „Casca“ -Gift wird aus der dicken, barten Kinde eines
Baumes bereitet, Erythrophloeum Guineense, der 12—32 m hoch wird
und zum Geschleckt der Dimorphandren, Unterordnung Gaesalpinae, nat.
Ordnung der Leguminosen gehört. Ygl. Monteiro, Angola and River
Congo, I, 61 — 65, und Oliver, Flora of Tropical Africa, II, 320—321.