seiner wohlgeformten Gestalt und ihre augenfällige Zweckmässigkeit
fü r seine Laufbahn ist nur wahrnehmbar für die
ästhetisch gebildeten Geister der höchst entwickelten Individuen.
In den allerfrühesten Tagen der Geschichte unsers Geschlechts,
während jenes grossen Kampfes nicht blos ums
Dasein sondern gleichzeitig um die Herrschaft, aus welchem
einige der grössten Affen als Menschen hervorgingen, muss
wenig Verlangen oder Müsse vorhanden gewesen sein, physischen
Schmuck durch geschlechtliche Zuchtwahl zu schaffen.
Unsere ganze Thatkraft richtete sich in jener Periode auf die
blossen Bedürfnisse des Lebens, auf die ' BeschaffunOg der Nahrung,
des Schutzes gegen die Feinde oder der Abwehr der
ungünstigen Einflüsse veränderter Klimate durch künstliche
Mittel. Als jedoch diese Bestrebungen die Wirkung hatten,
die Geistes- und Verstandeskräfte des Menschen zu entwickeln
und erheblich zu stärken, und er dadurch eine so
hervorragende Stellung gewann, dass seine Existenz als besondere
A rt gesichert war, da hatte die Entwickelung körperlicher
Reize weniger Anziehungskraft für ihn, als sie fü r die
niedern Thiere hat. Die geschlechtliche Wahl wurde von
der Zeit an mehr vom Geist als vom Körper bestimmt, und
der schlaueste Mann sicherte sich die grösste Zahl Frauen.
Gleichzeitig ü b te, trotz des Verlustes der frühem Alleinherrschaft,
die körperliche Schönheit noch jetzt auf die
niedrigem physischen Eigenschaften des Menschen einen
Einfluss, welchen sie in frühem Zeiten in höherm Grade
ausgeübt hat. Die Rolle des Schiedsrichters in solchen
Dingen ist nur in andere Hände übergegangen. Der Mann
fing an, sich die Frau zu wählen, und nicht länger blieb es .
dem Weibe überlassen, sich ihren Mann auszusuchen. Die
Folge davon ist gewesen, dass gegen eine oder mehrere der
höchsten Arten der Männer von Seiten des schwächern Geschlechts
ein schwacher Versuch angestellt wurde, eine anreizende
Gesichtsbemalung und eine sehr einseitige Hinter-
kopf-Mähne zu entwickeln. Aber bei ihrem Bestreben, sich
die Bewunderung zu sichern und ihrer persönlichen Eitelkeit
Genüge zu thun, haben Männer und Frauen gleich
ungeduldig zu künstlichen Mitteln ihre Zuflucht genommen,
sich anziehend oder lächerlich zu machen oder Furcht ein-
zuflössen. Die Kleidung diente anfänglich entschieden mehr
zum Schmuck denn als ein Erforderniss des Anstandes.
Die sekreten Theile wurden ursprünglich mit den Zu-
thaten geschmückt, welche später infolge eines aufdämmernden
Gefühls von Scham dazu benutzt wurden sie zu verbergen.
1 Auch die Kleidung entwickelte sich durch klimatische
Einflüsse m einem stärkern Grade, als lediglich aus
Gründen des Anstandes; desgleichen hat der Hang zum
Schmuck, gepaart mit dem Verlangen sich ein anziehendes
oder obendrein imponirendes Ansehen zu geben, zu verschiedenen
Zeiten die Menschen verleitet, aus sich einen
wahren menschlichen Raben zu machen, der sich mit den
yon den übrigen W irbelthieren geborgten Pelzen und Federn
schmückte. Es mag ja der Hermelin des englischen Lordkanzlers
viel mehr bedeuten als die Affenfell-Mützen und
Mäntel eines alten afrikanischen Medicinmannes, sowie auch
die von einer Schönheit eines europäischen Hofes getragenen
Straussenfedern nichts mit den Papagaifedern gemein zu haben
scheinen, welche sich ein Bajansi-Mädchen ins Haar steckt,
1 Bei verschiedenen wilden Menschenrassen sder Gegenwart, z. B.
den Negern im portugiesischen Senegambien, den Neu-Caledonierh
und einzelnen Papua-Stämmen ist es Sitte, das männliche Glied in
auffälliger Weise mit Bändern von hellem Zeug oder kleinen Muscheln
zu verzieren;