dos auf dem Kongo, während .der jährlichen Kegen, heranrückt,
die Krokodile den von den Weilen geschüttelten Ka-
noes dicht zu folgen pflegen, in der Hoffnung, der Wind
werde die Schiffchen, bevor sie in den Schutz einer Sandbank
gelangen, mit ihrer Menschenfracht über Kopf werfen
und eine Auswahl menschlicher Gliedmassen ihnen in ihren
Weg streuen. Es ist bemerkenswerth, dass die Krokodile
in diesem Strome selten mehr Unheil anrichten, als dass sie
ihren menschlichen Opfern im Wasser einen Arm oder ein
Bein abbeissen, dem Rest der unglücklichen Creatur aber
gestatten, nach dem Verlust eines Armes oder Beines das
Ufer zu erreichen, d. h. unter der Voraussetzung, er habe
nicht zwischen ändern Krokodilen Spiessruthen zu laufen,
um dann ein gliederloser Stumpf zu werden. Doch weiss
ich nicht gerade, ob man es eine merkwürdige Gewohnheit
dieser Ungeheuer nennen darf, und ob es nicht vielmehr
einen beträchtlichen Vorrath gesunden Thierverstandes anzeigt.
Ein halbes Laib ist besser als gar kein Brot, und
ich glaube das Krokodil handelt weise, wenn es mit seinen
einer stählernen Falle gleichenden Kinnbacken nur ein Glied
abbeisst, und sich ruhig mit seinem guten „Mund voll“
zurückzieht, statt ein ermüdendes Gefecht um den ganzen
Körper durchzukämpfen, in welchem der Eingeborene (wie
sie erfahrungsgemäss zu thun pflegen) seinem Gegner den
Daumen ins Auge drückt und ihn so zwingt, im Todeskampfe
seine Beute fahren zu lassen, oder ihm das Messer
in den Bauch stösst, oder bis seine Freunde nach kurzem
Besinnen den Entschluss fassen, .sich dazwischen zu werfen
und das Krokodil mit ihren Speeren oder Kudern zu verjagen.
Natürlich wird ein also verstümmelter Mensch nur
sehr selten das Ufer lebend erreichen; indessen sah ich doch
selber einstens ein Individuum, welches einen Arm in des
Leviathans Kinnbacken gelassen hatte, ohne dem Angriff
oder dem reissenden Strome zu erliegen., vielmehr das Ufer
erreichte und noch lebte, um die Geschichte zu erzählen.
Wenn die Sonne hell scheint und der Tag still und heiss
ist, verlassen die Krokodile vorzugsweise gern das Wasser
und erholen sich auf irgendeiner Sandbank oder am offenen
Strande, wo sie liegen und in der Sonne nicht so sehr sich
wärmen als vielmehr braten und, während die starke Sonnenwärme
rasch ihre nassen Schuppen trocknet, vollständig ihre
Farbe ändern, die aus einem dunkeln grün-braunen baumartigen
Ton in eine leicht staubgraue Farbe übergeht, die
genau den Felsblöcken gleicht, welche das sandige Ufer bedecken.
In der That leistet dem Krokodil seine Fähigkeit,
sich den Umgebungen anzupassen, wundervolle Dienste, seine
Opfer zu täuschen und seinen einzigen Feind — den Menschen
zu betrügen. Wenn es da lautlos an der Oberfläche
des lauwarmen Whssers einhertreibt, halb im Traume sich
der Sonnenwärme und der sanften Bewegung stromabwärts
freuend, kann man es kaum für etwas anderes als einen
der vielen abgedrehten Baumstämme und Zweige halten,
welche der Strom in seinem Laufe mit sich fü h rt; denn
ganz wie diese lässt es sich es gefallen, beliebig über und
über gerollt zu werden wie ein wehrloses Schlachtopfer, und
nebenbei sieht es ebenso dunkel grünlichbraun und etwas gekerbt
aus. E rst, wenn man die zu regelmässigen Zähnreihen
des Rückens und Schwanzes erkennt, oder das Thier durch
eine plötzliche Bewegung die Aufmerksamkeit auf sich lenkt,
gewahrt man in ihm ein interessanteres, gefährlicheres Ding
als einen blossen schwimmenden Holzklotz. Auch wenn das
Krokodil auf einem sandigen Ufer liegt, scheint es nur ein
Felsriff zu sein, grau und rauh wie die Bruchstücke der
Steine um dasselbe herum. Liegt dies Reptil auf dem Lande,