oberhalb der Jellala-Fälle hat sich eine Colonie von P elikanen,
anscheinend Pelicanus onocrotalus, niedergelassen,
und die Insel — welche man wegen der "W" asserì alle höchstens
mit einem Luftballon erreichen könnte zu einem
grossen Brutplatz gemacht, dessen Ränder weiss von Guano
sind. Während ich mich auf der Baptisten-Mission zu
Angu-Angu und später zu Vivi aufhielt, welche Orte einander
nahezu gegenüberliegen, schien eine auffallende Sterblichkeit
unter den jungen Pelikanen zu herrschen, da viele
einjährige Thiere den Fluss hinuntertrieben und sterbend
oder todt ans Land gespült wurden. Eine leicht erkennbare
Ursache war nicht vorhanden, aber diese Sterblichkeit
unter den Pelikanen erinnerte mich an ähnliche Vorkommnisse
im südwestlichen Afrika, wo der Tölpel, Siila capensis,
öfters auch der Wklfischvogel genannt^ oft in unglaublichen
Mengen todt an die Küste geworfen wird. In der Bai von
Loanda zählte ich oft mit einem Blick zwanzig todte Tölpel
rund ums Schiff und ebenso wurden sowol zu MbssamedeS
als auch zu Banana an der Kongomündung viele ans Land
gespült. Nach einer solchen Seuche ist der Strand wie bedeckt
mit den anscheinend unversehrten Leichen dieser Vögel,
welche binnen wenigen Stunden alle von den Landkrabben
und Schildraben verzehrt werden.
Stanley-Pool ist eine von den Wasservögeln bevorzugte
Gegend. Diese schöne Ausweitung des Kongo ist mit In seln
wie besäet und hier kann man zahllose Kronenkraniche,
Marabus, Sattelstörche und gemeine Störche, Schattenvögel,
geheiligte Ibisse, Riesenreiher, weisse Reiher, Rohrdommeln,
Schlangenhalsvögel, Cormorane, Sporengänse und ägyptische
Gänse, Brachvögel und grosse Meerschwalben mit scharlach-
rothen Schnäbeln studiren. Stanley behauptet, den Balaeniceps
Rex, den walfischköpfigen Storch oder Schuhschnabel, am
obern Kongo angetroffen zu haben 1, und da er den Vogel
sehr genau beschreibt, so habe ich keinen Grund zu bezweifeln,
dass seine Behauptung zutreffend ist. In diesem
Falle würde man den Wohnort dieses merkwürdigen Vogels
aus der Familie der Reiher (<Avde(ies) bis hierher ausdehnen
müssen, während man bisher annahm, dass er blos an den
Gewässern des obern Nil hause.
Ein eigenthümlieher Zug der Kongo-Ornithologie ist dieAb-
wesenheit aller derjenigen Geier., die in ändern Theilen Afrikas
so gewöhnlich sind. Vielleicht mag dies von der verhältniss-
mässigen Seltenheit grössern Wildes herrühren, aber trotzdem
finden sich doch längs des Ufers des Stromes so viele
thierische Abfälle, dass sich davon mehr als die eine Art
Geier — wenn es überhaupt Geier sind —, die der Kongo
besitzt, ernähren könnte. Diese A rt Geier sind wissenschaftlich
bekannt unter dem Namen Gypohieräx, werden auch
wol Angolageier genannt, obwol sie überall und ebenso
häufig in Senegambien oder an ändern Stellen des westlichen
Afrika zwischen dem Kunene und dem Senegal angetroffen
werden. Ich halte den Gypohieräx ganz bestimmt
fü r einen richtigen Geier, wenn er auch ein weniger extremer
Typ ist als seine mehr geierartigen Verwandten. Keinesfalls
ist er ein blosser Gassenkehrer oder Schmutzvogel,
wie einige ihn nennen, sondern strebt gewöhnlich nach einem
feinem und respectablern Lebenswandel, wenn auch nicht
zu leugnen ist, dass er sich allen Umständen und Orten an-
bequemt und, wenn es verlangt wird, selbst recht schmutzige
Hantierung leisten kann. Am Kongo ist der Gypohieräx
unfeinem häufig und hier ist der in allen Ö o Sätteln gerechte
Voo-el zu einem vollendeten Fischer geworden, der viel
1 Durch den dunkeln Welttheil, II, 325.