Natur 1 und entschieden jedem Gedanken an Anschluss oder
Unterwerfung unter eine europäische Macht abgeneigt. Deshalb
gestatten sie keinem weissen Manne, von Ambrisette
aus weiter als einige Meilen ins Innere vorzudringen, und
sie unterscheiden wissenschaftliche Forschungsreisen durchaus
nicht von politischen Recognoscirungen. Infolge dessen bleibt
die Gegend zwischen Säo Salvador und der Küste, welche
Ngoje genannt wird, eine terra incognita fü r die Europäer.
Nordwärts von Ambrisette meines Weges ziehend berührte
ich verschiedene Orte, in denen Faktoreien etablirt waren,
aber keine einzige bot irgendetwas Bemerkenswerthes, bis ich
eine kleine Niederlassung 80 km südlich vom Kongo erreichte,
genannt C a b e p ä d a C o b r a (Schlangenkopf). Dieser Platz
erschien meinen verhungerten Blicken wie ein Paradies.
Endlich war der widerwärtige Einfluss der südlichen Küste
überwunden und eine reiche und mannichfaltige Vegetation
gedieh bis an den Saum der Meereswellen.
Ein niedriges Land von etwa I S - 2 km Breite dehnte
sich bis unmittelbar an die See aus, überwachsen von dichtem
Gebüsch, sodass es beinahe eine A rt von natürlichem botanischen
Garten mit vielen Gattungen der in verschwenderischem
Ueberfluss gedeihenden afrikanischen Flora bildete.
Gruppen schattiger Bäume (darunter schöne Arten
der Schmetterlingsblütler mit violetten bohnenstrauchartigen
Blüten 2) boten willkommenen langentbehrten Schatten, wo
man auf einem Gitterwerk von Kletterpflanzen über einem
1 Nach der Ansicht der weissen Handelsleute! Die Eingeborenen
werden ihrerseits wol eher sagen, dass sie nur für ihre Unabhängigkeit
anftreten.
2 Lonchocarpus sp. inc. In einigen Lichtungen der Wälder war
der Boden unter diesen Bäumen mit einer blass malvenfarbigen Decke
herabgefallener Blüten überzogen.
trockenen Teppich von abgefallenen Blättern und verwelkenden
Blüten sitzen und träumend den starken warmen Duft
einathmen konnte, welchen die heisse Sonne den Jasminbüschen
entlockte, welche sich unter diese anmuthigen Bäume
verirrt hatten. Anscheinend wachsen hier zwei Arten Ja smin;
die eine hat etwas nelkenartige Blüten mit glänzenden
Blättern und dornigem Stengel, ist sehr gemein in Angola }”
und wächst fü r sich allein in grossen Gebüschen, während
die andere eine viel grössere, rein weisse, der Stephanotis
ähnliche Blüte hat, ohne Dornen und anscheinend mehr eine
Kletterpflanze ist 2, da sie hoch über die Bäume zu ranken
liebt, um von da ihre lieblichen sternartigen Blumen an lang
gestreckten Stengeln herunter hängen zu lassen.
Im Hintergründe dieser grünen Landschaft steigt der
Boden plötzlich auf und scheint aus einer Reihe alter Klippen
zu bestehen, von welchen die See sich zurückgezogen und
der Regen den losen Oberflächengrund herabgewaschen zu
haben scheint, welcher jetzt den grünen Garten unterhalb des
Abhanges abgibt. Die Hügelkämme sind nackt und gänzlich
entblösst, aber 1 km weiter nach dem Innern bedeckt
wieder ein reicher Pflanzenwuchs den fruchtbaren Boden.
Die Eingeborenen in der Nachbarschaft von Cabepa da
Cobra sind die Muschirongo ein heruntergekommener
Stamm mit leicht schwärzlicher Hautfarbe und von ärmlicher
körperlicher Entwickelung, welche am untern Kongo bis
Borna hinauf, besonders aber in dem marschigen Lande
längs seines südlichen Ufers bis zum Meere wohnen.
1 Diesen Jasmin (Corissa sp.) habe ich nie nördlich vom Kongo
gefunden.,
2 Wahrscheinlich Jasminum auriculatum.
3 Vielleicht verdorben aus Muschikongo.