am Ort zu bleiben, aber verkehrt oder recht gleichviel, ich
bestand darauf vorwärts zu gehen. Ich glaube freilich nicht,
dass ich an diesem Morgen bei meinen Leuten gut angeschrieben
stand. Gestern mussten sie zwei Stunden länger arbeiten
als sie wünschten, und heute liess ich sie im liegen aufbrechen.
Zwei oder drei kräftige Regengüsse kamen hinter
dem Sturme her, dann folgte eine wüthende Böe, welche
förmliche Wellen auf dem Kongo hervorpeitschte, und unser
Boot schaukelte, als wenn wir in See wären; dann Todten-
stille und zuletzt verhüllte sich unser treuloser Freund, die
Sonne, in weisse Wolken und nahm ein verzagtes verschämtes
Wesen an. Als sie nm die Mittagszeit wieder hell durchschien,
machten wir an einer jener vielen über den weiten
Strom verstreuten Inseln halt, damit die Leute Zeit gewönnen
ihre Bananen zu kochen. Sie bot nichts Bemerkens-
werthes ausser Fussspuren auf der Erde. Ich zeichnete
einige dieser Abdrücke in mein Skizzenbuch, weil sie eine
ausgezeichnete Vorstellung von dem „paarhufigen“ Fuss in
dem Anfangsstadium seiner Entwickelung geben. Hier und
auf einigen benachbarten Inseln wuchs auch eine mir neue
A rt Schmetterlingsblütler, welche Blätter um einen dornigen
Stamm wie die Mimosen und prächtig orangenfarbige Blüten
hatten.
Gegen Sonnenuntergang machten wir halt an einer Sandbank
oder sandigen Insel mitten im Kongo, die 3 km breit
und vielleicht 7 km lang war. Bei unserer Ankunft waren sie
belebt durch eine Menge Wasservögel, die aber vor uns .nach
neuen Schlupfwinkeln wegflogen. Zurück blieben nur grosse
Scharen rothschnäbeliger Schwalben, welche um unsere Köpfe
herumflogen und schrien, als ob sie Ersatz dafür forderten,
dass wir sie aus ihrem Besitzthum veijagten.
Hier auf diesem E iland schienen wir im Lande der Märchen
zu sein.. Ein grossartiger Sonnenuntergang mit seinen glühenden
Massen rothgoldener Wolken strahlte vom Westen her
und verbreitete seine Glorie mit fast unvermindertem Glanze
über die weite Fläche ruhigen Wassers. Auf einer Seite
von uns flutete das reflectirte Gold über, phantastisch bewaldete
Inseln mit ihren Palmenkronen, von denen jeder
Zweig, jeder Wedel ihrer Baumgipfel dem glänzenden Himmel
sich entgegenstreckte. Lange Züge von Nachtvögeln
flogen über die Gewässer, mit schwachem Zuruf sich grüssend,
wenn sie sich ihrem Zufluchtsort für die Nacht näherten.
Auf der ändern Seite von uns, so nahe, dass sie uns fast
überschatteten, erhoben sich grosse Massen von wasser-
lieb.enden Waldbäumen, gefärbt von dem warmen gelben
Licht der gegenüber untergehenden Sonne und mit ihren
langen und k la re n ' Reflexen die Wasserstrasse erfüllend,
welche zwischen ihnen und unserm sandigen Ufer lag.
Die grünen Papageien waren an diesem Abend sehr lästioo-,“
wie sie über den Fluss heimwärts zogen. Sie schienen einander
lauter angenehme Dinge zu erzählen, als sie in kleinen
Trupps über unsere Köpfe dahinflogen, denn ihr lautes
Geschrei und kosendes Pfeifen war voll wilder Lustig© keit*
Wenn der grüne Papagei gut bei Laune ist, während er
nach Hause fliegt, so ist das nach meiner Beobachtung ein
Zeichen, dass der kommende Morgen einen schönen Tag
bringen wird, und ebenso verhält es sich, wenn er früh am
Morgen mit seiner Arbeit aufhört.
Zuletzt verschwand das Glühen des Sonnenuntergangs,
und ich musste mich halb widerstrebend von meinem Traumlande,
in welches sich unbemerkt einige Gedanken an die
Heimat mit den Wolken, Vögeln und dem schwimmenden
Wasser vermischt hatten, ab- und den Bedürfnissen des Augenblicks
zuwenden. Ohne meine persönliche Ueberwachung hat