Kurz bevor wir den Kongo erreichen, sinken die rothen
'Felswände, welche einen so beständigen Charakterzug der
südwestlichen Küste von Afrika abgeben, tiefer und tiefer,
und machen zuletzt mächtigen Mangrovesümpfen von beträchtlicher
Ausdehnung Platz. Darauf fängt die See an
sich mit den Niederschlägen des Stromes zu färben, und
der Gegensatz ist scharf abgegrenzt, wo die trüben Gewässer
des Flusses denen der klaren See begegnen. Die
Farbe des Kongowassers ist dunkelbraunroth und die des
Seewassers durchsichtig grün; auch die Temperatur der Gewässer
ist verschieden, indem die des Kongowassers 28,3° C.
und die des Seewassers 23,3° C., also volle fü n f Grade
weniger beträgt.
Die Mündung des Kongo ist ziemlich einheitlich und un-
getheilt im Yergleich zu den grossen Deltas des Nil, des Niger
und des Sambesi. Wirklich ist es dieser erste Eindruck,
welcher dem Strome den Charakter von etwas „Neuem“ gibt
und vermuthen lässt, dass die gegenwärtige Ausflussmündung
in den Atlantischen Ocean von nicht gerade altem Datum sein
mag. Dass der Kongo nach vielen Richtungen es versucht,
sich seinen W eg nach dem Meere durch viele kleinere Kanäle
zu bahnen, möchte ich aus demVorkommen so vieler kleiner
Flussarme, hier Creeks genannt, zwischen Borna und dem
Meere schliessen. Wenn sie gegenwärtig auch nur Sackgassen
bilden, so finden sie sich doch schon lange m der
Erinnerung der alten europäischen Ansiedler am untern
Kongo, und auch die Meinung der Kenner des Kongo geht
dahin, dass der Strom sich schliesslich einen Ausgang zum
Meere nach Kabinda zu vermittelst eines von Boma sich
abzweigenden Armes (des sogenannten Krokodilflusses hinter
der Ansiedelung) durchbrechen wird. Der Anblick der
Mündung des Kongo zwischen den beiden sich gegenüberliegenden
Punkten Padräo und Banana ist merkwürdig genug.
Diese sehen aus wie die letzten Ueberbleibsel der alten
Küstenlinie, durch welche der Strom hindurchgebrochen ist.
Padräo ist eine marschige Landspitze, die von prächtiger
Waldung bedeckt und mit Wellenbrechern von Mangroven
und von Gruppen schöner Fächerpalmen (Hyphaene guineenm)
umsäumt ist. Banana ist eine kleine sandige Halbinsel, welche
auf der einen Seite von der Brandung des Atlantic gepeitscht
wird, während längs der ändern Seite der mächtige Kongo
sie benagt. Sie wird lediglich erhalten durch Reihen von in
das Ufer getriebenen Pfählen, hinter welchen der Strand
vermittelst Massen schwerer Steine erhöht und befestigt wird.
Warum die Holländer dem Ort einen so wenig bezeichnenden
Namen gegeben haben, ist mir unbekannt; sicherlich
sollte man ihn jetzt fallen lassen, da man keine einzige
Banane mehr dort wachsen sieht. Indessen er hat ihn einmal,
und derselbe ist weit und breit bekannt, denn Banana ist
eine wichtige Ansiedelung und in der zukünftigen E n twickelung
des Kongogebietes um so mehr zu einer grossen
Rolle berufen, als es den einzigen guten und sichern Hafen
an dessen Mündung besitzt. Auf diesem schmalen Streifen
Landes, wo der Boden so werthvoll ist als in unsern grossen
Städten, liegen drei verschiedene Faktoreien, von denen
die der holländischen Gesellschaft bei weitem die grösste
und wichtigste ist. Au f dem von dieser Niederlassung eingenommenen
Boden sind schöne Palmen zahlreich angepflanzt,
damit ihre Wurzeln dem losen Boden mehr Festigkeit und
Zusammenhalt geben. Wo die Halbinsel an das Festland
i stösst, ist alles überwuchert von riesigen Mangroven und
der Boden sehr sumpfig, und darum das Ganze eigentlich
I eine wirkliche Insel, weil man von ihr nur mittels Bootes
| nach dem Festland gelangen kann. Von der Innenseite des