Als meine Zeichnungen der Fälle fertig waren, wünschte
ich zurückzukehren und begann trotz der Mittagssonne die
Felsen hinanzuklettern und den Bergpfad nach unserm Dorf
wieder aufzusuchen. Der alte Häuptling, weiser als ich,
gab sich alle Mühe mich zu bereden, bis zum Abend am
kühlen Flussufer zu bleiben, aber ein sonderbarer Anfall von
Hartnäckigkeit ergriff mich und ich wäre darüber beinahe
einem Sonnenstich zum Opfer gefallen. Die gewaltige von
den Felsen zurückgeworfone Hitze — die Felsen wurden so
heiss, dass man sie nicht mit der Hand berühren durfte —
und die. erschöpfende Quälerei, diese Stufen von Felsblöcken
aufwärts, waren zu viel fü r mich, sodass, als die ersten Gärten
rings um das Do rf erreicht waren, ich Ö ' mich in den dankbar
acceptirten Schatten hinwarf, zum Tode krank und schwach.
Ich erwähne dieses sonst unwichtige Ereigniss nur um zu
zeigen, welcher rücksichtsvollen Gutherzigkeit einige Afrikaner
wirklich zugänglich sind; denn kaum hatte in diesem
Fa ll der alte Häuptling mich so erschöpft und krank gesehen,
als er erschrocken einen seiner Jungen zum Dorfe
schickte, um mir etwas von seinem kostbaren Bum, und einen
ändern Jungen zum nächsten Bach sandte, um eine Kalabasse
mit kühlem Wasser zu holen. Während diese Sendboten fort
waren, schnitt er ein breites Bananenblatt ab und fächelte mich
sanft damit, wobei er stets sehr mitleidig dreinschaute. Ich
erwachte lange bevor der Bum gebracht wurde, doch musste
ich durchaus etwas von dem widrigen Mischtrank zu mir
nehmen. Au f dem letzten Wege ins Do rf führte er mich
sorgsam am Arm, und obgleich mein leichtes Unwohlsein
alle diese Aufmerksamkeit von seiner Seite nicht werth war,
so machte der Häuptling von Jellala doch auf mich den
Eindruck eines gutherzigen alten Mannes. Ich habe auch
überall so viele Beweise von Zartgefühl und wirklichen Mitleidens
bei den Eingeborenen am Kongo angetroffen, dass
ich sie mit Becht fü r Menschen von zarterer Gesinnung ansehe
als die entarteten Negerstämme der Küste. Nachdem
die Anstrengungen von Jellala bald überwunden waren,
reiste ich ab und wanderte die 20 km nach Vivi zurück;
aber dieser Marsch ermüdete mich nicht, weil die Sonne
untergegangen war; dafür war der glänzende Vollmond in der
milden grauen Luft emporgestiegen und beleuchtete die Berge
und die Klippen, die Palmen und die Dörfer; dabei lag ein
absoluter Frieden über der ganzen Natur und kein Geräusch
liess sich vernehmen ausser dem Aufschrei der Ziegenmelker
und dem heimlichen Kascheln unserer Fusstapfen im Grase.