ihm vom Körper rieseln, und man belehrt uns, dass es für
die Kur von bestimmender Wichtigkeit sei, dass er keinen
Ton von sich gebe, solange der Zauber wirke.
Endlich tritt eine Erfrischungspause ein und alle Insassen
der H ü tte , Musiker, Weiber und der Kranke selber, gehen
ins Freie, keuchend, lachend und sich den Schweiss von ihren
o-länzenden Leibern wischend. Krüge mit süssem, angenehm Ös
chmeckendem Palmwein von der Malebu- oder Hyphaene-
Palme werden von Sklaven hereingebracht und alle Anwesenden,
wir eingeschlossen, nehmen einen Trunk; auch
Makole nimmt ungenirt Theil daran. Obgleich er zum
Stillschweigen verbunden ist, so versteht er doch den mündlichen
Willkommengruss durch höchst bezeichnendes Grinsen
zu ersetzen; sein Gesicht hat er in dumm lächelnde Falten
gelegt, weil er augenscheinlich von höchstem Selbstbewusstsein
erfüllt ist und sich einbildet, eine interessante Figur
fü r den weissen Mann zu sein, welcher sich als Zeugen
seiner K u r bei ihm hat einführen lassen. Seine Freunde
erzählen uns, er leide an Kopfweh, und zur Bestätigung
weist er auf Stirn und Schläfen, welche mit weisser Farbe
bemalt sind. Wahrscheinlich ist jedoch die ganze Veranstaltunög
nur erfunden als Vorwand fü r ein Zechgelage in
Malafu und eine grosse Schaustellung.
W ir kehren im Kanoe nach der Station zurück; lustig
und mit starker F ah rt stromabwärts rudernd.
Bei unserer Ankunft ist die Sonne dem Untergänge sehr
nahe und Janssen eilt deshalb nach dem Ziegenstall, um
während der noch übrigen -wenigen Minuten des Tageslichts
dem Leopard eine Falle zu stellen. E r richtet eine Art
enger „Boma“, d. h. einen dreiseitigen Bau von Stöcken her,
an dessen Ende ein meckerndes Zicklein an die Drücker von
drei geladenen Gewehren gebunden wird, deren Mündungen
den einzigen Ausgang aus der Falle beherrschen. Der Leopard
soll, während er die Ziege packt, selber den Inhalt
der drei Musketen in seinen Körper entladen, und daran
gleichviel wo verenden. 1 Während Janssen dies alles an-
ordnete, betrachtete ich mir den Sonnenuntergang von meiner
Veranda aus. Es ist ein schönes Schauspiel, und ich muss
meinem Unwillen über die Behauptungen gewisser Schriftsteller
Luft machen, dass die Tropen sowol in Blumenpracht
als in schönen Sonnenuntergängen den gemässigten Zonen
nachstehen.
Heute ist die Bahn der Sonne etwas gestört wie die
manches irdischen Monarchen. Ihre Herrschaft war zuerst
unbestritten und ruhig. Dann kamen die fürchterlichen
mittäglichen Kämpfe und Krämpfe, die mit einem Siege
des Lichtspenders endeten, welcher den Nachmittag hindurch
seines Reiches in Frieden waltete. Nun die Sonne untergeht,
leben ihre Feinde wieder auf, und blutige unruhige
Zeichen im Westen begleiten ihr Sinken. Das ihrem Todesopfer
folgende Zwielicht dauert etwa eine halbe Stunde 2,
und der Himmel verändert sich vom feurigen Roth in orangefarbenes
und blasses Grün. Der Strom in seiner ganzen
Ausdehnung folgt sympathisch diesen Farbenänderungen und
das ganze Schauspiel ist in seiner unbestimmten Mystik darnach
angethan, darüber zu träumen und zu brüten, bis die
düstere Nacht mit ihrer menschenfeindlichen Dunkelheit an1
Bei dieser Gelegenheit erhielt die Bestie die vollen Ladungen
der drei Flinten, war aber dessenungeachtet, obwol durchsiebt von
Kugeln, doch im Stande, über die 3 m hohe Umzäunung mit Ziege,
Gewehren und allem was daranhing hinwegzuspringen, bis sie im benachbarten
Felde zusammenbrach.
2 Die Kürze des äquatorealen Zwielichts wird vielfach übertrieben:
die Nacht beginnt nie eher als eine halbe Stunde nach Sonnenuntergang.