und mich mit den Eingeborenen in irgendeinen Streit einzulassen
zu einer Zeit, wo er glaubte, mit Zeit, Geduld und
einem nachsichtigen Betragen gegen diese angriffslustigen
Kongostämme alles in Güte abmachen zu können.
Ich hatte freilich die Absicht gehabt, etwa zwei Monate
in Bolobo zu verweilen und es als den Mittelpunkt meiner
anthropologischen Beobachtungen und Sammlungen zu betrachten;
indessen veranlassten mich verschiedene Gründe,
Msuata zu diesem Zweck vorzuziehen, zumal da dieser Ort
durch seine Lage das Stelldichein dreier interessanter Rassen,
der Bajansi, der Bateke und der Wabuma ist, während
man zu Bolobo nur Bajansi antrifft. Obendrein war in Bolobo
die Zufuhr von Lebensmitteln veränderlich und dürftig,
während in Msuata das Commissariat geschickter verwaltet
wurde; und schliesslich J t und dieser Grund mag vielleicht
meinen Entschluss am meisten bestimmt haben — machten
die Moskitos das Leben in Bolobo unerträglich, während
Msuata, dieser glückliche Platz, von dieser Landplage frei
war. So entschloss ich mich endlich, in dem Boot, welches
mich hergebracht hatte und nach Stanley-Pool zurückkehren
musste, den Rückweg anzutreten. Lieutenant Orban, der
frühere Chef der Station Bolobo, war auf dem ganzen Wege
mein Reisegefährte, und unsere kurze Reise von drei Tagen
bis Msuata — wir brauchten zur Thalfahrt, gerade die Hälfte
der Zeit wie zur Bergfahrt erwies sich als höchst angenehm
und unterhaltend.
Am ersten Abend nach unserer Abreise von Bolobo
machten wir bei einem Dorfe I t im b a halt, welches' etwas
unterhalb der Stadt Tschumbiri’s in der Nähe des Punktes
liegt, wo der Kongo sich von einer Breite von 14—16 km auf
wenige hundert Meter zu verengen beginnt. Hier zu Itimba
fanden wir die Einwohner gerade im Begriff, die Begräbnissfeierlichkeiten
eines verstorbenen Mitbürgers, eines alten
Mannes, anscheinend höhern Standes, zu begehen. Der
Häuptling und seine Unterthanen waren aber in grösser
Verlegenheit. Seit vielen Jahren war es „de rigueur“ gewesen,
seitdem Gewehre bis in die Gegenden des obern
Kongo vorgedrungen waren, über der Leiche eines Verstorbenen
eine Salve abzufeuern, besonders wenn der Todte
von besonderer Distinction war; und die Einwohner dieses
Dorfes die nur eine erbärmliche alte, der Reparatur sehr
bedürftige Flinte besassen, waren bei unserer Ankunft
zweifelhaft, welches Verfahren sie einschlagen sollten — ob
sie dieses eine verfallene Gewehr laden, abfeuern und dabei
Gefahr laufen sollten dass es zerspringe, oder ob sie den
Verstorbenen ohne Gruss und Salut seinen Weg ins Land
der Geister suchen lassen sollten. Da Lieutenant Orban
ihre Verlegenheit bemerkte, erbot er sich freiwillig eine Salve
von 20 Schüssen aus seinem Winchestergewehr abzufeuern.
F ü rst und Volk waren hochentzückt. Konnte dem Verstorbenen
eine grössere Ehre erwiesen werden, als indem
ein weisser Mann ihm den Abschiedsgruss nachsandte mit
seiner wundervollen Flinte von Mputo der geheimniss-
vollen Gegend jenseits des Meeres — dem Unbekannten
vielleicht dem Himmel selber? („D e n n sind nicht diese
weissen Männer Söhne des Himmels?“ ) So dachte der alte
Häuptling, als er uns die Leiche sehen liess und uns mit
dem ernsten Tone eines Anwalts, indem er uns bei der
Hand fasste, zurief: „O ih r, die ihr nach Hause geht“ —
und dabei wies er nach dem bleichen ruhigen Abendhimmel v
„Ihr werdet ihn uns zurücksenden, nicht wahr? Ih r werdet
ihm sagen, seine Hütte warte auf ihn, seine Weiber werden
ihm sein Maniok weiss wie Linnen bereiten, und es wird
eine Fülle von Malafu und eine geschlachtete Ziege geben.
J ohnston, Der Kongo. 1 5