Tagesreise köstlich ruhig verlaufen sollte, ohne daran zu
denken, dass in Afrika angenehme Yermuthungen selten erfü
llt werden. Gegen Mittag sammelten sich Wolken im
Osten an, aus welchem Himmelsstrich in diesem Theil der
Kongölandschaft stets der Regen zu kommen pflegt. Der
Wind wehte freilich aus entgegengesetzter Richtung, aber
der hat nur geringen Einfluss auf den herannahenden Sturm,
der rasch den Himmel mit einem blauschwarzen Schleier bedeckte;
afrikanische Stürme treten eben zu gebieterisch auf,
’ als dass sie sich um die Richtung des vorherrschenden
Windes kümmern sollten. In ihrem schwarzen Innern bergen
sie den eigenen Orkan für sich, welcher in fürchterlichen
Stossen brüllend vor ihnen aufgeht und die schüchterne
Briese, welche den Regen schwächlich zurückhält, zu tiefstem
Stillschweigen verurtheilt. Als darum das Auge des
Sturms, eine wirbelnde Masse grauer W^olken um einen
dunkeln Mittelpunkt, sich vor uns erhob, hielten wir weise
ab nach einer Sandbank, banden die Kanoes an einige starke
Bäume und beugten dann ergeben unsere Häupter vor dem
über uns hinwegrasenden Unwetter. Der Sturm hörte nach
einer kurzen halben Stunde auf, nicht aber der Regen, welcher
unaufhörlich niederrieselte; ich war jedoch zu ungeduldig
und gestattete deswegen keinen weitern Aufenthalt, sondern
liess die Leute wieder zu den Riemen greifen. Trotz des
schlechten Wetters legten wir ein beträchtliches Stück Weges
zurück. Ungefähr um 1I2 6 Uhr ruderten wir längs einer
sehr langen schmalen Insel hin, um einen passenden Lagerplatz
zu suchen, als ich nicht zehn Meter von mir einen grossen
Elefanten mit massig starken Fangzähnen entdeckte, welcher
im hohen Grase am Rande des Wassers stand. Er
stach prächtig ab gegen die anmuthigen graugrünen Hyphaene-
palmen, die einen künstlerisch richtigen Hintergrund abgaben.
Ich schoss nicht auf ihn, weil erstlich dann das Bild verdorben
wäre und zweitens eine Kugel aus einer Winchester-
flinte ihm nur wenig zu Leide thun konnte. W ir hielten an
und beobachteten wol fünf M inuten lang das mächtige Thier,
welches seinerseits nicht die geringste Notiz von uns nahm.
Seine Farbe sah gegen das Laub ganz grauweiss aus (der
Rückenwirbel hatte sogar noch hellern Ton) und die sehr
hübsche Zusammenstellung gab eine Gruppe von grösser
Wirkung. W ir hörten andere Elefanten im Innern der
Insel Bäume und Zweige niederbrechen und, seltsam genug,
um dieses einsame Thier auf dem Strande lagen verschiedene
Hyphaene-Palmen niedergelegt, die der gefrässige Elefant
wegen ihrer runden gelben Früchte, welche er leidenschaftlich
liebt, abgebrochen hatte. Die Elefantenheerde muss
schwimmend diese Insel erreicht haben, weil selbst in der
trockenen Jahreszeit zwischen ihr und dem Festland sich
Wasser, ja sogar ein tiefer Kanal befindet. Die Insel ist
ziemlich gross und mit über tausend Palmbäumen bestanden.
W ir landeten in geringer Entfernung von der Stelle, wo
ich den Elefant gesehen, und schlugen fü r diese Nacht unser
Lager auf einem sehr kleinen Landstreifen auf, welcher unglücklicherweise
gar keinen Halt b o t,O O ' sodass ich während
der Nacht beständig mit den Füssen voran aus meinem Bett
rutschte. Dazu Myriaden Moskitos und die Aussichten erschienen
trostlos genug, wie man zugeben wird; nichtsdestoweniger
verlebte ich einen leidlich angenehmen Abend. Die
Suppe war vorzüglich gelungen und ausserdem hatte Janssen
mir etwas delicaten wilden Honig mitgegeben, der eine angenehme
Abwechselung in das Abendbrot brachte.
Am Morgen nach dem Sturme hingen schmutzige Regenwolken
am Himmel, aber die Sonne überwältigte sie bald und
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