d. h. von irgendeinem erfinderischen Kopf war ein Loch
durch deren Mitte roh durchgearbeitet und die Teller nun
über die aus dem Dach hervorragenden spitzen Enden der
Dachsparren gesteckt. In der Hütte befand sich ein runder
Erdhügel von festgetretenem Lehm, auf welchem viele verschiedene
Muster von Zeichnungen vermittelst buntfarbiger
Kiesel, weisser Steine und selbst Perlen gemalt waren. Zu
beiden Seiten dieses Erdhügels standen zwei Statuen von
ungefähr vier Fuss Höhe, welche in denkbar o • ' ' freiester Weise
das männliche und weibliche Princip darstellten. Das Geschlecht
jeder Figur tra t so sehr en evidence hervor, dass
unsern Anschauungen gemäss das Ganze recht unanständig
war, obgleich dies ganz gewiss nicht in der Absicht des
Künstlers gelegen hatte, und die Figuren lediglich dem
Vorstellungsvermögen des Negers in allerdings derberWeise
das Geheimniss der Zeugung oder Schöpfung erklären sollten.
Die grosse Aehnlichkeit dieser Figuren mit den eingeborenen
Männern und Frauen und die saubere Bildhauer- und Malerarbeit
legte Zeugniss ab von der wunderbaren künstlerischen
Geschicklichkeit dieses sogenannten wilden Volks. Zu Füssen
dieser Statuen lagen Krüge, Schüsseln und andere Proben
heimischer Töpferkunst. Alle diese Gegenstände waren leicht
zerbrochen, sei es um sie fü r sonstigen Gebrauch ungeeignet
zu .machen und so Raub am Heiligthum zu verhüten, sei es,
und das ist wahrscheinlicher, weil man glaubt, dass eine
zerbrochene Schüssel oder Gefäss „ s tirb t44, und so auf angemessene
A rt in das Reich der „G e is te r44 gelangt. 1
Um Mittag des dritten Tages unserer Reise kamen wir
zu den Ufern des I n k i s s i , und hatten über diesen raschen,
rollenden, unruhigen Strom in Neger-Kanoes zu setzen.
1 Ygl. Kap. XYI.
Man landet hier immer viel weiter flussabwärts, als wo man
sich einschifft, denn die Strömung ist so rasch, dass man
unmöglich ihr widerstehen kann. Der Fluss ist hier ungefähr
so breit als die Mosel bei Coblenz und entspringt
wahrscheinlich in den Bergen ostwärts von Säo Salvador.
F ü r die Schiffahrt ist er durchaus nicht zu benutzen wegen
seiner wüthenden Strömung und seiner vielen Fälle. Am
ändern Ufer des Inkissi sind die Wälder schön, der Weg
windet sich durch eine zauberisch schöne Landschaft über
kleine Bäche, in denen grüne moosige Steine den ungeduldigen,
schäumenden, kleinen Wasserrinnen sich vorlegen, und •
unter hochgewölbten Bäumen hin, die durch Guirlanden von
labyrinthischen Schlingpflanzen verbunden sind, unter deren
Schatten der feuchte Boden sich mit einem Teppich von
F a rrn bedeckt hat. An dem schmalen sandigen Ufer-eines
Bächleins, wo das eingeengte Wasser seine sammtgrüne
Steineinfassung, deren Härte durch die zarteste Moosdecke
gemildert war, übertrat und sich stolz zu zwei- bis dreiÖ
7
facher Breite ausdehnte, fanden wir tief eingedrückt in dem
mürben weissen Sande die Fussspuren eines Leopard. Vielleicht
war er nur wenige Minuten vorher an diese Stelle
gekommen, seinen Durst zu löschen, und hatte sich von
seinem Lager im dichten Gebüsch nach dieser stillen Biegung
des Baches geschlichen, wo er im milden graugrünen
Schatten das Wasser des Baches aufleckte, wie es in weissen
Streifen über die moosbedeckten Steine dahin rieselte; lange
Büschel von Frauenhaar kitzelten seine Stirn , grosse verschlungene
Lianen schlugen gegen ihn an, wenn die leichte
Brise diese Pflanzentaue vorwärts und rückwärts bewegte;
winzige kleinköpfige Papageien neckten ihn und gelb-
bäuchige Fliegenfänger riefen seine Unthaten aus; gierig
löscht er seinen wüthenden Durst, sich freuend über den