genug, dieselben wieder einziipacken. Als ich in meinem
bequemen Bette dalag, eingewiegt in ein süsses behagliches
Gefühl der Ruhe, hörte ich den Regen in grossen Tropfen
auf mein Zelt niederfallen und den Wind unheimlich durch
die nahen Bäume pfeifen; aber dieses schlechte Wetter
dranssen vermehrte nur das Gefühl der Behaglichkeit und
Sicherheit in meinem niedlichen Zelte und ich fiel mit völlig
selbstzufriedenen Gedanken gerade in Schlaf, als plötzlich
der Wind sich wie der leibhaftige Teufel erhob und Paff!
das Zelt mir über meinem Kopf weg entführte und einige
Meter weiter p latt auf die Erde niederwarf. Binnen einer
Sekunde hatte sich alles verändert; ich war plötzlich aus
meinem Traume aufgeweckt und ward von dem strömenden
Regen, der erbarmungslos über alle meine Schätze niederprasselte,
halb ertränkt. Meine Betttücher waren durchweicht,
mein Buch — ich glaube es war Alphonse Daudet’s
„Könige im Exil“ — war in einem Augenblick zu gelbem Brei
verwandelt und alles zerstört und verwüstet — der Regen
erweichte den Boden zu dickem Schlamm, in welchem die
meisten der kleinen Gegenstände verschwanden. Im ersten
Augenblick war ich von dem plötzlichen Ueberfall und dem
kalten Regenbade zu sehr gelähmt, um Hülfe herbeizurufen;
schliesslich fand ich aber doch meine Stimme wieder und
brauchte sie kräftiglich nebst meiner kleinen Pfeife, die ich
um den Hals trug. Binnen, einer Minute stürzten die San-
sibarer aus einer benachbarten Hütte hervor, hoben mich
mit ihren Armen empor und brachten mich rasch unter
schützendes Obdach. Hier trocknete ich an einem hellen
Feuer, mich selbst und meine Betttücher und fand einen
gesunden Schlaf auf einem Mattenbett. Wirklich wunderbar
war es, wie. viele Sachen aus dem Zeltwrack gerettet;
und nun am Feuer getrocknet wurden, sodasS' sich meine
Verluste auf den schon erwähnten Roman und einige im
Schmutz vertretene und unkenntlich gewordene Kleinigkeiten
beschränkten. F ü r die Zukunft bemühte ich mich
jedoch immer, wenn ich in einem Negerdorfe übernachten
musste, ein Haus zu miethen um darin zu schlafen. Dies ist
viel bequemer als das Schlafen in einem Zelt, da man mehr
Raum und freiere Lüftung hat; ein Zelt ist und bleibt abscheulich
heiss und erstickend, während die Ritzen zwischen
den Matten an den Wänden der Hütten immer der Luft
eine vollständige Circulation gestatten. Endlich ist das Dach
regendicht und wird nur in seltensten Fällen vom Sturme
entführt, und der F lu r der H ü tte is t vollkommen trocken
und hart.
Mehr als je lernte ich nach dieser Katastrophe die
bewundernswerthen Eigenschaften der Sansibarer schätzen,
welche nie verlegen werden und vielleicht die uneigennützigsten
Diener der Welt sind. Es war förmlich rührend
zu sehen, als ich in die H ü tte stolperte wo sie schliefen,
wie der eine sein Bett opferte, der andere sein Moskitonetz,
der dritte seine Betttücher, damit der „Kleine Herr sich
nicht erkälte, während seine Sachen getrocknet würden; und
so zuvorkommend erwiesen sich nicht blos meine Leute,
zwischen denen und mir eine wirkliche Anhänglichkeit
herrschte, sondern selbst Sansibarer, welche mich erst seit
drei Tagen gesehen und kennen gelernt hatten. Die arabische
Beimischung hat dem Sansibarer nicht blos feinere
Züge und höflichere Sitten beigebracht, sondern ihm auch
eine Selbstlosigkeit eingeflösst, welche an einem richtigen
Neger nie zu entdecken ist.
Am folgenden Tage trocknete eine glänzende Sonne die
übriggebliebene Feuchtigkeit am Boden und in der Atmo-
spähre hinweg und wir trotteten lustig durch eine schöne
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