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als Vorke im (protonema) bezeichnet wird. Noch ehe die aufsteigenden
Theiluugen beendigt sind, durch welche die Reihe der Gliederzellen
dai'gestellt wird, tritt eine Zelltheilnng in absteigender
Richtung ein, indem die unterste Zelle des Fadens sich in ihrem
oberen etwas angeschwollenen Theile durch eine horizontale Wand
theilt. Es wird dadurch eine Zwischenzelle zwischen die erste und
zweite eingeschoben, die wiederum durch zwei in rascher Aufeinanderfolge
entstehende horizontale Wände in 3 Zellen zerlegt wird,
eine untere und obere scheibenförmige und eine mittlere längere,
durch deren Dehnung die beiden anderen bald beträchtlich von
einander entfernt werden. Die untere Scheibenzelle wird durch
mehrfache senkrechte Theilungen zu einer Zellfläche umgestaltet,
deren peripherische Zellen zu Wurzeln aus wachsen; sie wird so znm
Wu r z e l k n o t e n des Vorkeims, den man in Anbetracht der vorausgehenden
am Ursprung der Hauptwnrzel befindlichen Seitenwurzeln
bildenden Stelle auch wohl den zweiten Wurzelknoten genannt
hat. Die obere Scheibenzelle bildet sich durch ähnliche (bei der
Sprossbildung der zweiten Generation näher zu beschreibende) Zelltheilungen
zu einem b l a t t b i l d e n d e u S t e n g e l k n o t e n aus, dem
einzigen, welcher dem Vorkeim znkommt. Die peripherischen Zellen
dieses Knotens wachsen mit Ausnahme einer einzigen (der Entstehung
nach der ersten) sämmtlich oder grösseren Theils zu Blättern von
ungleicher Stärke aus, welche sich von den Blättern der späteren
Pflanze dadurch unterscheiden, dass sie auf der niedrigsten Entwicklungsstufe
stehen bleiben, indem sie stets nur primäre Gliederzellen
hervorbringeu, d. h. keine Knoten bilden und daher niemals
Seitenblättchen oder Fructificationsorgane tragen können. Die oberhalb
des Stengelknotens befindliche Vorkeimspitze, welche bei Nitellen
(ebenso wie die Blätter) meist nur aus 2— 3, bei manchen T o ly pellen
und Charen aus 3— 7 Zellen besteht, überragt den Quirl der
Vorkeimblätter oft sehr bedeutend, stimmt aber im Uebrigen, namentlich
in Beziehung auf rückschreitende Ausbildung und grüne Färbung
der Zellen, mit denselben dermassen überein, dass sie leicht
selbst für ein Blatt angesehen wird.
An derjenigen Stelle des Stengelknotens, an welcher nach Analogie
mit den Sprossen zweiter Generation das erste Blatt des Quirls
sich befinden sollte, entsteht am Vorkeim der erste Spross z w e i t e r
Gen e r a t i o n , ein Spross von unbegrenztem Spitzenwachsthum, unbegrenzter
Zahl von Gliederzellen und blattbildenden Knoten. Aus
dem ersten Spross der neuen Generation gehen durch Zweigbildung
in unbegrenzter Folge weitere Sprosse von ähnlicher Beschaffenheit
hervor, welche alle in qualitativer Beziehung als Sprosse zweiter
Generation bezeichnet werden mögen. Bei ausdauernden Arten kommt
es jedoch vor, dass aus Sprossen zweiter Generation auch wieder
solche erster Generation hervorgehen, nämlich aus den alten Knoten
überwinterter Stengel, die in diesem Falle zu nahrungsreichen Knöllchen
anschwellen. Solche der Erhaltung und Erneuerung der Art
dienende Adventivsprösschen werden als Zwe i g v o r k e ime bezeichnet;
sie nehmen mitunter, wenn ihre erste Zelle sich zu einem horizontalen
oder selbst absteigenden Faden verlängert, das Ansehen
von Ausläufern an. Solche Nebenvorkeime können übrigens auch
schon aus der ersten Generation, dem Haiiptvorkeim, hervorgehen
und zwar aus der Grenzstelle der Hauptwurzel und Vorkeimachse
(dem „ersten Knoten“) oder, was häufiger der Fall ist, aus dem
Wurzelknoten des Vorkeims. Endlich kommt auch eine Bildung
vou Vorkeimen aus Wurzeln vor, namentlich wenn dieselben, wie es
bei Gh. aspera der Pall ist, knöllchenartige Anschwellungen bilden.
Der dem Vorkeimquirl angehörige Spross zweiter Generation ist
häufig der einzige vom Vorkeim direct ausgehende, oft aber g esellen
sich noch ein bis zwei weitere ähnliche Sprosse innerhalb des
Vorkeimquirls (in den Achseln der Blätter desselben entspringend)
hinzu, ja bei Tolypella wird die Zahl derselben so gross, dass der
Vorkeimquirl zum Ausgangspunkt eines ganzen Bündels von Sprossen
verschiedener Stärke und verschiedenen Alters wird, und an der
ganzen übrigen Pflanze ein ähnlicher Reichthum der Zweigbildung
nicht wieder vorkommt'). Das Gegeutheil hievon zeigt Ghara aspera,
bei welcher Art der Vorkeimquirl gewöhnlich miausgebildet bleibt
und weder Blätter noch Sprosse hervorbringt, während der einzige
Spross zweiter Generation vom Wurzelknoten erzeugt wird.
Das Wachsthum der Sprosse zweiter Generation schreitet in
wiederholter Bildung von Blattquirlen fort und zeigt in dieser Thä-
tigkeit keine bestimmte Begrenzung, wenn es auch, früher oder später
erschöpft, mit einer verkümmernden Endknospe abschliesst. Es
wird vermittelt durch eine planconvexq Scheitelzelle, welche durch
I) Bei Nitella syncarpa dagegen scheint nicht der blattbildende Stengelknoten,
sondern der Wurzelknoten des Vorkeims der sprossreichste der ganzen
Pflanze zu sein; er schwillt zu einer zelligen Kugel von bedeutendem
Umfang (Erbsengrösse) an, schickt unzählige Wurzeln nach unten und mitunter
wohl ein halbes Hundert Sprosse nach oben aus. Einige von diesen
(wahrscheinlich Zweigvorkeime) legen sich nieder und bilden in einiger Entfernung
von der Mutterpflanze älinliche an AVurzeln und Sprossen reiche
Anschwellmisen.