Nur im 40. Jahresberichte der scliles. Ges. (1871) veröffentlichte
ich einen Beitrag: „lieber das Verkommen der Lebermoose im scliles.-
raähr. Gesenke.“ Fast gleichzeitig gab G. v. N i e s s l in „Vorarbeiten
zu einer Kryptogamenflora von Mähren und Oesterr. - Schlesien, V.
Ijcbermoose“ aus dem Nachlasse von Dr. J. K a lm u s und dem
Manuscript des Apothekers J. S p a t z i e r ebenfalls Standorte für die
Jjebermoose dieses Gebirges. Als meine Funde für das Florengebiet
kann ich vorläufig bezeichnen: Gymnomitrium crenulatum, Sarcos-
cyidius adustus, S. sphacelatus, S. densifolius, Scapania aequiloba,
Jungermannia GentJiiana und J. Hornschuchiana.
Was nun meine Bearbeitung anlangt, so schliesst sich dieselbe
an die Naturg. der Europ. Lebermoose und an das System der
Synopsis Hepaticarum von Go t t s c h e etc. an. Um jedoch den Text
mit den übrigen Abtheilungen dieser Flora conform zu halten, wurde
auf eine Wiederholung der N e e s ’schen Formenreihen verzichtet,
wodurch nicht allein die Arbeit vereinfacht wurde, sondern auch,
wie ich hoffe, für den praktischen Gebrauch gewonnen haben dürfte.
Zum sicheren Erkennen der Art hat die Beschreibung auch nebensächliche
Momente aufgenommen, sobald diese nur unterscheidende
Merkmale enthalten; denn allzu knappe Diagnosen erleichtern das
Bestimmen keineswegs, ja machen es bei sterilen Exemplaren meist
unmöglich. Wer Formen studiren will, muss ohnehin zu N e e s
V. E s e n b e c k ’s Arbeiten zurückgreifen und wird sich bald überzeugen,
dass einerseits gewisse locale Abweichungen, ferner die
<? und die gemmentragende Pflanze nicht als eigene Formen auftreten
dürfen, andererseits, dass bei der grossen Variabilität dieser Gewächse
sich zwischen die Glieder N e e s ’scher Reihen ohne Zwang Bindeglieder
einschieben lassen und die Aufstellung neuer Formen im Sinne
N. V. E. einer unbegrenzten Ausdehnung fähig ist.
Weit eher fürchte ich, dass es mir zum Vorwurf gemacht werden
wird, an der Nomenclatur der Synopsis von G o t t s c h e etc. festgehalten
zu haben. Obwohl ich zugeben muss, dass deren Verfasser
bei der Wahl der Gattungsnamen hier und da eigenmächtig zu
Werke gingen, ist und bleibt die Synopsis das Haupt- und Grundwerk
aller Hepaticologie und ihre Namen sind uns geläufig. Dem
Prioritätsprlncip zu Liebe, hinter welchem die durch das vorgebliche
Gerechtigkeitsgefühl leicht verschleierte Eitelkeit oft stark hindurchschimmert,
müsste schliesslich zu den bis vor wenig Jahren gänzlich
unbekannten S. F. G r a y ’schen Namen (Journal of Botany 1865.—
Hedwigia 1866) theilweise zurückgegriffen werden, bis vielleicht ein
zufälliger Fund, der gar nicht ausser dem Bereiche der Möglichkeit
liegt, eine noch ältere Quelle entdeckt und die Verwirrung zum
chronischen Leiden sich ausbildet.
Die Zahl der aus Europa bekannten Lebermoose gegenwärtig
genau festzustellen, ist bei der noch schwankenden Auffassung des
Speciesbegriffes bei dieser Gewächsgruppe nicht gut möglich. Durch
die S y n o p s i s Hepaticarum von Go t t s c h e , L i n d e n b e r g und N e e s
(1844) wurden 247 (darunter 11 als fraglich mit + oder ? bezeichnete)
Arten aus Europa bokaimL w o g e g e n Du M or t i e r in Hepaticae
Europae (1875) gegen 307 europäische Species beschreibt, darunter
zählen etwa 30 Varietäten der Synopsis als eigene Arten, ferner
neben neuaufgestellten auch diejenigen von Corda und N e e s
V. E s e n b e c k , die gegenwärtig nicht mehr als eigene Species
betrachtet werden, weshalb sich in Wirklichkeit die Gesammtzahl
der europäischen Arten etwa auf 280 reduciren dürfte. Davon sind
aus Schlesien nach laxerem Artbegriff, den ich für diese allgemeine
Schätzung durchweg festgehalten habe, bis jetzt 142 Arten bekannt,
ein Verhältniss (1: 2 ) , das dem Vorkommen der Laubmoose innerhalb
des Gebiets (p. 36) proportional ist.
Aus Deutschland incl. der Schweiz beschreibt Ra b e n h o r s t m
Deutschlands Kryptogamen-Flora (1848) 176 Arten, die inzwischen
durch 12 Arten vermehrt wurden; im Sinne D u Mo r t i e r ’s dürfte
dieses Gebiet gegen 220 Species (das gesammte Alpengebiet circa
77",o) beherbergen. .
Wie sich aus nachstehenden Zahlen ergiebt, kann sich Schlesien
auch in hepaticologischer Beziehung ändern wohldurchforschten Florengebieten
als ebenbürtig zur Seite stellen. So besitzen Skandinavien
nach Carl H a r t m a n n (1871) 133, das Herzogthum Salzburg nach
Dr. A. S a u t e r (1871) 132, der Harz nach Dr. E. Hampe (1873)
120, das Grossherzogthum Baden nach Dr. J. Jack (1870) 108,
Belgien nach D e l o g n e 106, das Königreich Sachsen mit Thüringen
etc nach Dr. L. R a b e n h o r s t (1863), wie Mähren und Oestr.-
Schlesien nach v. N i e s s l je 98, Ober-Oesterreich nach v. Ho he n -
h n h e l - H e u f l e r (1871) 96, die Pyrenäen nach R. Sp ru ce 92 Arten.
Ausserdem füge ich über kleinere Florengebiete, denen höhere Gebirge
ganz oder theilweise fehlen, einige mir bekannte Zahlen bei. So besitzt
das Herzogthum Nassau nach Gent h (1836) 103, der schwäbische
Jura nach Prof. He g e lma i e r (1873) 8 5 , die Flora von Halle a/S.
nach Dr. A. G a rc k e (1856) 66, Prov. Preussen nach v. K l i n g g
r a e f f (1872) 63, N.-W.-Thüringen nach Dr. L. Mö l l e r 60, Mecklenburg
nach E. Bo l l (1860) 57 und die Mark Brandenburg seinerzeit
durch V. F l o t ow (Itzigsohn in bot. Zeit. Halle 1849) 49 Lebermoose.