Hier herum ist alles von Kultur bedeckt, die Pflanzungen
ziehen sich bis hoch hinauf an der Ostkette, allenthalben stehen
kleine Dörfer oder einzelne Häuser. Wir erstaunten über das
reiche Kulturland, das sich hier mitten in Central - Celebes ausbreitet.
Nachdem wir eine kleine Stunde zu steigen gehabt hatten,
wurde der Weg eben, und bald darauf begann er sich südwärts
zu senken, Wo auch ein südlich abströmender Fluß, der Lantibu,
seinen Anfang nahm. Da dieser bereits dem Flußgebiet des nach
der Westküste abströmenden Koro angehört, so haben wir schon
hier in etwas über 700 m Höhe die Wasserscheide zwischen dem
Palu-Stromgebiet und dem südlich darauf folgenden des Koro
überschritten. Dem Lantibu folgten wir auf trefflichem, ebenem
Weg, den man zu Pferde abgaloppieren könnte, zunächst immer
durch Kulturland, dann durch ein reizendes Waldtal oft im Fluß
selbst oder ihn kreuzend. Leute begegneten uns keine außer
einer alten Frau, vor welcher, wie es hier die Sitte will, alle unsere
Leute, ledig Gehende und Lastträger, höflich zur Seite traten, den
Pfad ihr freilassend.
Da der Fürst von Banawa wegen seines schweren Reistransportes
wünschte, daß wir heute nicht Weit marschieren sollten,
und da ja auch unsere eigenen Leute Überfracht hatten, so machten
wir auf einer Wiese am Flusse schon nach zweieinhalb Stunden
Wanderns Halt.
Als wir uns unter einem Baume im nahen Gebüsche nieder-
lassen wollten, um uns zu erfrischen, bat uns Lamatti, einen
anderen Platz auszuwählen und gefragt weshalb, vertraute er uns
ganz geheim, daß die Leute, welche gestern nach -Sunggu zum
Bau des Lobo den Kopf eingebrächt, an dieser Stelle den Sklaven,
welchen sie gekauft, geschlachtet hätten, es sei deshalb ungut,
hier zu verweilen. Was mag wohl der arme Mensch durchgemacht
haben, bis die Stelle erreicht war, welche seine Henker zu seiner
Abschlachtung für geeignet fanden!
Abends ließen wir die Pabitjara’s von Sigi und Biromaru,
welch’ letzterer auch mitgekömmen war, vor’s Zelt treten, um sie
über allerhand auszufragen. Wir erfuhren über die Regierungs-
Verhältnisse in Kulawi folgendes: Der oberste Fürst in Kulawi
sei nicht unser Tomelatoinda, auch nicht die von diesem immer erwähnte
Königin, sondern er heiße Tomimpeli und sei schon alt.
Tomelatoinda sei ihm unterstellt, habe persönlich wenig zu sagen,
nur „hinten in den Bergen“ habe er Einfluß. Alle Landschaften
von Kulawi bis zu dem am Koro gelegenen Gimpu stünden unter
der Oberherrschaft des Tomimpeli; in jedem Dorf bestehe ein
Vertreter von ihm mit dem Titel Madika, und ein solcher sei
auch Tomelatoinda. Die verschiedenen Dörfer des Kulawigebietes
bildeten eine Föderation, die unter Tomimpeli stehe; in streitigen
Fragen aber wendeten sie sich an den Fürsten von Sigi, dem die
Föderation auch einen jährlichen Tribut entrichte, doch habe dieser
in Kulawi persönlich direkt nichts zu befehlen. Lindu sei von
Kulawi unabhängig, stehe aber wie dieses unter S ig i; früher habe
es unter dem Fürsten von Dolo gestanden, doch habe dieser seine
Oberhoheit über Lindu an den von Sigi abstehen müssen. Napu
sei ein ähnlicher Tofadjastaat wie Kulawi und stehe ebenfalls unter
der Oberhoheit von Sigi. Bada endlich, im Herzen von Central-
Gelebes, anerkenne die Oberhoheit von drei Herren, nämlich von
Sigi, Palu und Luwu; vom jährlich erhobenen Tribut erhalte Luwu
die eine Hälfte, Sigi und Palu miteinander die andere. Im allgemeinen
haben sich in Beziehung auf die Oberherrschaft über
die Toradjas von Central-Celebes Luwu und Sigi verständigt, und
die dritte „Großmacht“ von Celebes, Bone, hat ihre Übereinkunft
anerkannt.
5. S ep tem b e r. An einem wolkenreinen Morgen, kühl wie
ein europäischer Septembertag, brachen wir auf und folgten dem
Lantibu-Flusse sanft abwärts durch waldige Landschaft, worauf wir
bald in einer Meereshöhe von ca. 450 m an die Einmündung eines
Seitenflusses, des Mewe, gelangten, welcher vom Ostgebirge herabkommt
und von jetzt ab dem ganzen Fluß den Namen gibt. Es
begegnete uns kein Mensch, obwohl der Pfad vortrefflich blieb
und von Stelle zu Stelle Rasthütten sich errichtet fanden; der
Hochwald aber verhinderte jede Aussicht, und oft und viel mußte
der Fluß durchwatet werden. Beim Durchstreifen des Waldes fiel
S a r a s i n , C e le b e s . II. 6