reiche Vogelwelt, deren Gesang in den Morgenstunden die Luft
erfüllte. Wie ein Schwarzköpfchen, kräftig und melodisch, Schlug
der graubrüstige Würger (Pachycephala meridionalis Bütt.), während
wie leiser Buchfinkenschlag der Gesang des gelben, durch
schwarzen Augenring ausgezeichneten Brillenvogels (Zosterops
anomala A. B. M.) ertönte.
Mehrere neue Schlangen wurden uns hier gebracht, von denen
wir eine sonderbare, unterirdisch lebende Art unserem verstorbenen
Freunde, dem um die Reptilienkunde so verdienten Basler Ratsherrn
Fritz Müller zu Ehren als Calamaria Mülleri haben taufen
lassen. Auch seltsame Baumfrösche und Landschnecken fehlten
trotz der Trockenheit nicht; ja selbst Landplanarien konnten
an feuchten Orten unter Moos und Baumrinde in mehreren Arten
erbeutet werden.
Unser hauptsächliches Augenmerk war aber auf den hohen
Pik gerichtet, dessen steile Felsenmauer wir jeden Morgen in
blauem Glanze strahlen sahen. Die große Schwierigkeit war
aber die, Führer zu gewinnen, da niemand sich getrauen wollte.
Fremde nach dem in hohem Grade für heilig geltenden Berge zu
bringen. Alle hervorragenden Spitzen in Celebes werden nämlich,
wie wir schon des öfteren erfahren, als Wohnstätten von
Geistern angesehen, deren Beleidigung Unwetter und Unglück
nach sich ziehen kann.
Fast täglich wurde in Lokka über die Sache verhandelt,
wobei sich auch Herr Dirksen große Mühe gab, uns zu helfen.
Wir erfuhren endlich von eingeborenen Jägern so viel, daß direkt
von Lokka aus eine Besteigung nicht möglich sei und zwar wegen
des vorgelagerten hohen Rückens; man müsse vielmehr von Südwesten
her, von der Gowa’sehen Seite aus, den Aufstieg unternehmen.
Nun sollen aber ohne Erlaubnis des Gouverneurs in Makassar
Europäer dieses Land nicht bereisen. Der Gouverneur setzt dann
den Fürsten von Gowa von der bevorstehenden Reise in Kenntnis,
und dieser sendet dann weiterhin Bericht an seine Unterbeamten
im Lande, daß sie für die Sicherheit des Reisenden zu wachen
hätten. Diesen ganzen Apparat von hier aus in Bewegung zu
setzen, hätte aber viel Zeit erfordert. Da half uns der Regent
•von Bantäeng, Daeng Panäwang, der sich in Lokka auf hielt und
als ächter eingeborener Grandseigneur seine Zeit mit Hirschjagd
und Hahnenkämpfen zubrachte, aus der Verlegenheit. Zur Erklärung
des Titels „Regent“ sei hier eingeschaltet, daß die
Holländer die weise Sitte haben, wenn sie ein eingeborenes Reich
kassieren, d. h. unter direkte holländische Verwaltung (rechtstreeks
bestuur) bringen, das frühere Fürstenhaus nicht einfach beiseite zu
schieben, sondern einen tüchtigen Vertreter desselben als bezahlten
Beamten unter ihrer Aufsicht weiter regieren zu lassen.
Aus dem früheren Radja wird dann ein Regent. Jeder Distrikt
der südcelebensischen Gouvernementslande steht unter einem solchen
alten Fürstensproß als Regenten. Der Regent von Bantäeng nahm
an unseren Verhandlungen öfter teil und erkärte, er sei mit dem
Fürstenhaus von Gowa nahe genug verwandt, um die Verantwortung
für unsere Sicherheit im Gowa’schen übernehmen zu
können; er wolle uns seine vergoldete Staatslanze mit auf die
Reise geben, und dieses überall bekannte Abzeichen (Tjap) seiner
Person werde uns alle Wege ebnen. Er war es auch, der
schließlich zwei alte Jäger bewegen konnte, uns als Führer zu
dienen.
Am 13 . Ok t o b e r früh marschierten wir von Lokka ab,
durchschritten die oben erwähnte Schlucht und schlugen dann
eine nordwestliche Richtung ein, um den vor dem Pik gelegenen,
hohen Vorrücken zu umgehen. Der Pfad zieht sich zunächst
nördlich um einen kleinen parasitischen Vulkan, den Lokkakeke
(kleiner Lokka) herum, dessen Kraterrand seewärts weggesprengt
ist und erreicht schon nach zwei kleinen Stunden am Balampa-
tonko-Flusse die Grenze von Gowa; er führt fast stets in gleicher
Meereshöhe fort.
Die Anpflanzungen sahen im Gowa’schen besser gehalten aus
als im Bantäeng’schen; wir. sahen schöne Kaffeehaine und Felder
von Tabak, Mais, Bohnen und Reis, alle von niedrigen Mauern
umschlossen, über welche beständig weggeklettert werden mußte;