XII.
Z w e it e R e i s e zu den T o ä la v o n L am o n t-
jo n g und n a c h d e r O s tk ü s te d e r sü d lich e n
H a lb in se l,
6. December 1902 bis 8. Januar 1903.
(F. S.)
Hierzu Karte X.
Während wir uns auf unserer Reise durch Central-Celebes
befanden, hatte ein Brief über die Toäla, welcher unter der nicht
von uns herstammenden Überschrift: „Auffindung der wilden
Waldmenschen in Celebes“ im Globus abgedruckt worden war,
in den Zeitungen eine gewisse Aufregung verursacht und eine
Anzahl recht unfreundlich gehaltener Artikel in’s Leben gerufen.
Auch wenn wir es gar nicht vorgehabt hätten, unsere Toäla-
Studien fortzusetzen, wären wir durch diese Äußerungen genötigt
gewesen, die Frage auf’s neue zu prüfen. Am 6. December 1902
brachen wir daher wiederum von Makassar auf. Der Gouverneur
hatte vorher an den Fürsten von Bone schreiben lassen, er solle
uns einen hohen Beamten nach Lamontjong senden, um uns in
unseren Studien dem widerspenstigen Radja gegenüber behilflich
zu sein.
Da wir den Weg nach Lamontjong bereits kannten, beschlossen
wir, die Reise zu Pferde zu machen. Unser Gepäck
und einige zwanzig Kulis wurden mit einer Prau nach Maros
vorausgesandt, wo der Assistent-Resident, Herr E. E. Klerks, gebeten
worden war, für die nötigen Reit- und Lastpferde zu sorgen.
Wir selber legten die Strecke nach Maros zu Wagen zurück und
fuhren noch am gleichen Abend von Maros weiter landeinwärts
nach Batunuangassue, dem Endpunkt der fahrbaren Straße, ca.
80 m hoch am Abfall des Gebirges gelegen. Die Kühle in diesem
engen' Felsentale wirkte sehr erfrischend.
7. De c emb e r . Der Grund, warum wir uns hier einen Tag
auf hielten, war der folgende: Bei unserem letzten Besuche war
uns vom Verwalter des Rasthauses, einem Indoeuropäer, erzählt
worden, es sei hier in der Nähe unlängst ein ausgewachsener
Mann . von einer Pythonschlange verschlungen worden; er habe
die Leiche selbst aus der Schlange herauspräpariert, zusammengedrückt
wie ein kleines Kind und ganz glatt von Geifer; er
wisse auch, wo sie begraben sei und was dergleichen Einzelheiten
mehr waren. Trotz den lebhaftesten Versicherungen unseres
Gewährsmannes konnten wir uns doch nicht entschließen, etwa
in einer Publikation dieses außerordentlichen Ereignisses Erwähnung
zu tun und verschafften uns vom Assistent-Residenten die
Erlaubnis, das Skelett zur Kontrolle ausgraben zu dürfen.
Am frühen Morgen brachen wir unter Führung des Betreffenden
auf und folgten dem von Süden her kommenden
Flüßchen durch ein enges Tal, dessen Wände deutlich geschichtete
Kalkbänke bildeten, während der Fluß das Eruptivgestein
entblößt hatte. Ein gewaltiger Felsblock fiel dadurch, auf, daß
er auf einigen zufällig untergeschobenen, keilförmigen Rollblöcken
wie freistehend und künstlich aufgestellt erschien. Die Eingeborenen
nannten ihn „die steinerne Prau“ , da seine Form annähernd
an ein Schiff erinnerte.
Hierauf ging’s an der linken Talseite steil empor nach einem
Rücken von namhafter Ausdehnung, auf welchem weiße Karrenfelder
mit blauschwarzem Eruptivgestein abwechselten. Das Plateau
mag schätzungsweise 400 m Höhe haben. Ein prachtvoller Blick
auf die mit Reis bepflanzte Ebene von Maros und auf die See mit
den vielen Inselchen des Spermonde-Archipels belohnte für den