der Tabakblätter, die schon von Kindern gekaut werden, erscheint
das geschwollene Zahnfleisch als hochrot entzündete Masse, aus
der tief schwarze Zahnstummel hervorragen. Dieses Fehlen der
Schneidezähne macht sich für das Auge insofern auch
unangenehm bemerkbar, als schon bei jungen Frauen
die Oberlippe hohl einsinkt, wie bei Greisinnen.
Näheres über diese wunderliche, hier, wie überhaupt
an vielen Orten im Archipel, verbreitete Sitte zu
erfahren, bot sich uns beste Gelegenheit, da sich ein
Mensch einfand, der eine Art von Medicinmann vorstellte
und ganz verschiedene Sachen im Gemeinwesen
zu verrichten hatte: Bei Festen schlägt er die große
Trommel, er beschneidet die Knaben, und er schlägt
den Leuten die Zähne aus. Wir forderten ihn auf,
uns diese letztere Operation zu beschreiben und
zugleich die Instrumente herbeizubringen, die er
dazu verwende. Da legte er zwei plumpe Eisengeräte
vor uns hin, das eine geformt wie ein schweres Messer
und am Ende mit roher Sägezähnelung versehen, wie
nebenstehende Figur zeigt: Mit diesem schlägt er den
Knaben die Zähne aus, wenn sie ein gewisses Alter
erreicht haben, was von ihrer eigenen 'Willensbestimmung
abhängt, und zwar geschieht dies folgendermaßen
: Er nimmt den Kopf des Knaben zwischen
die Kniee und sägt nun vorerst mit dem Instrument
an den Wurzeln der Vorder- und Eckzähne hin und
her, bis es so weit ist, daß er mittelst Hammer-
Fig. 17. instru- Schlägen auf den Rücken des Eisens die Zahnment
zum Zahn- 1 - -
ausschiagen bei krönen wegbrechen kann. Die Operation ist sehr
KnabGrößeS nat’ schmerzhaft> das reichlich fließende Blut wird stoßweise
ausgepustet; die Operierten können darnach
drei Tage lang nichts essen, während ihnen die Blätter einer
gewissen Pflanze aufgelegt werden, die wir uns bringen ließen;
es ist eine Convolvulus-Art. Trotzdem die Zahnwurzeln stecken
bleiben, sollen sie nie an Zahnweh leiden. Als wir unserem
Bedauern über die Roheit dieser Operation lauten Ausdruck gaben,
fielen die dasitzenden Knaben, denen noch unlängst die Zähne
gekürzt worden waren, in ein so heiteres und unauslöschliches
Gelächter, daß wir es für unnötig hielten, unser Mitleid weiter
zu verschwenden.
Für die Operation am Gebiß der Mädchen diente ihm ein
schwerer, eiserner Meißel; diesen schlägt er ihnen mit dem
Hammer zwischen die Zähne und dreht — die Zähne müssen
bei den Frauen mitsamt den Wurzeln herausspringen.
Als wir nach dem Grund dieser Sitte fragten,
hieß es blos, es sei so Adat (Sitte), oder es wurde
ein Witz gerissen; sie sind nicht imstande, einen
vernünftigen Grund anzugeben. Da an allen Männern
und Frauen die Operation vorgenommen wird, dürfte H
sie ursprünglich ein Opfer eines Teiles des Körpers
gewesen sein, als Ersatz für den ganzen Menschen, '
wie man das als Urgrund auch für die Beschneidung
vermutet. Diese wird an allen Knaben vollzogen,
indem man ihnen ein rundes Hölzchen unter die
Vorhaut schiebt und diese darüber der Länge nach
spaltet; entfernt wird sie nicht, es ist Incision, nicht IP9
Circumcision. Man zeigte uns die Wunde, ein sehr Fig ig Instru
harmloser, aber gegen etwaige Phimose gewiß sehr ment zum Zahnnützlicher
Einschnitt. Weiter werden den Knaben Mä^chenVs nat!
runde Marken in die Arme eingebrannt: „Zum Größe.
Zeichen, daß sie Toradja seien.“
Von unserem Medicinmann erfuhren wir durch Befragen noch
das folgende: Wenn ein Fürst stirbt, so gehen einige aus, um
einen Menschen zu fangen aus einem benachbarten Stamme; dieser
wird an einen Pfahl gebunden, hier in Kulawi nicht im Lobo,
sondern auf einer baumfreien Halde, die von unserem Standorte
aus sichtbar war; darauf wird er mit Lanzen und Schwertern
abgetan im Beisein aller Leute, auch der Kinder; übrigens sei er
geschwind tot.