anderen Stellen der Küste solche Abrasionsterrassen bis güt zur
Höhe von 100 m finden, wonach also der Meeresspiegel damals
viel weiter in’s Land gegriffen hat als heutzutage.
Noch besuchten wir die Felsenklus, aus welcher einer der
Zuflüsse des Marosflusses hervorströmt, und in deren Grunde er
einen Wasserfall bildet, der als der Wasserfall von Maros bekannt
ist, von den Eingeborenen aber als der von Bantimürung bezeichnet
wird. Der Weg führt aus der Ebene in einen stets mehr sich
verengenden Kalkfelsentrichter, durch welchen der Fluß abströmt;
seitlich bilden die Felsen bis 100 m hohe, schroffe Wände, teilweise
überhängend und am Fuße sich zu Grotten auswölbend, in
denen Tropfsteine Säulen bilden; der ganze Ort bildet eine natürliche
feuchte Solitüde mit kühler Temperatur, da die steilen und
hohen Wände dem Sonnenlicht den Eingang verwehren. Auf den
ersten Blick erscheinen diese Kalkfelsen lebenden, aufgewachsenen
Korallenriffen, die bekanntlich ungeschichtet sind, ähnlich; aber
dies beruht auf einer Täuschung, da die Oberfläche des Gesteins
allenthalben mit einer schleierartigen Lage von Kalksinter über-
krustet ist, dem Lösungsprodukt’ des Kalksteins durch das Regenwasser.
An Stellen, wo diese Hülle abgestürzt ist, sieht man,
daß diese Kalkfelsen aus regelmäßigen Schichten bestehen, also
wohl gebankt sind. Diese Schichten haben zumeist eine leise
Neigung nach der Küste hin, vielfach aber scheinen sie auch vollkommen
horizontal zu sein.
Der Regen rundete die einzelnen Kalkmassen ab oder spitzte
sie gar zu wie Zuckerhüte; das fließende Wasser arbeitete sich
immer tiefer in ihre Basis, wodurch es geschah, daß, wenn die
Unterhöhlung tief genug ward, die überhängende Masse durch ihr
Gewicht vom anstehenden Felsen sich losriß, in’s Wasser herabstürzte
und von diesem weggeschafft wurde. So bildeten sich
verschieden hoch hinaufgreifende Hohlkehlen aus, von oben nach
unten schräg den Felsen anschneidend (vergl. Fig. 74).
Die Bildung dieser Hohlkehlen wird auch dadurch befördert,
daß häufig gerade aus der Basis der steil aufstrebenden Felsenmassen
reiche Quellen hervorströmen. So ergießt sich gerade
aus dem Fuß eines im Hintergrund der Schlucht befindlichen
Felsens unter einer wagrecht vorstehenden Bank hervor eine
Quelle mit drei Ausmündungen, wie aus drei Felsentoren, ein
prächtiges Bild, den Eingeborenen unter dem Namen Djämala
wohlbekannt und von ihnen hochgeschätzt; denn in ihrer Nähe
steht ein Tempelchen aus Bambus errichtet, wo sie der Quellgottheit
Opfer darbringen. Das von ihr gebildete Becken ist
mannstief, das Wasser vollkommen klares Trinkwasser. Nachdem
Fig* 75. Der Bulu Selimbo.
wir die sie verhüllende Vegetation hatten entfernen lassen, brachte
sie uns die Vaucluse in Erinnerung, und wir nannten sie die
Petrarcaquelle: „chiare, fresche e dolci acque“ .
Wir trafen einzelne Felsen, bei denen wir nicht entscheiden
konnten, ob die Hohlkehle an der Basis die Wirkung der Erosion
durch das Süßwasser oder der Abrasion durch die Meereswelle
sei. So sahen wir einen fast vollkommen halbkugeligen Felsen
mitten aus der flachen Ebene sich erheben, die vor der Banti-
murung-Schlucht sich hindehnt, den Bulu Selimbo bei Batubessi,
um dessen Fuß ringförmig eine Hohlkehle läuft. Er gleicht ganz
und gar einer von jenen riesigen Dagoben, wie man sie in den