Die Bildung der Sporen in den Stäbchen ist eine allgemeine und regelmässige,
wenn der Pilz anf Nährlösungen in Form einer Haut lebt; diese gellt
ihrer ganzen Alassc nach in Dauersporen über und sinkt zn Boden. Vegetirt
der Pilz im Innern der I'lüssigkcit, wo er nicht in Form einer Haut direct mit
der Luft in Berührung treten kann, so behalten die Stäbchen wohl etwas länger
den schwärmenden Zustand bei und die Sporenhildung in ihnen erfolgt
langsamer. AVesentlieh gestört, sogar gehemmt wird die Bildung der Sporen aber
dort, wo andere Bactorienkeime verunreinigend in den Nährlösungen aufgetreten
sind; die Bildung einer Haut an der Obertläclio kommt dann nicht zu Stande
7).
Die Sporen des Bacillus sind unmittelbar nach ihrer Bikhing keimfähig.
Ihre Keimung ist von Cohn nnd Kochy direct beobachtet, in allen Einzelheiten
beschrieben und abgebildet worden. Nach der Zeichnung nnd Beschreibung
der genannten Autoren hebt sich eine neue Membran mantclartig von der Spore
ab, der dunkle Kern löst sich innerhalb dieser Alembran zu neuem Inhalte auf,
und bis er langsam unter den Angen der beiden Beobachter verscliwunden ist,
erlangt das nengcbildcte Stäbchen die normale Gestalt des Bacillus wieder. Diese
Beobaehtnngcn haben bald einen dritten Gewährsmann gefunden, der sich ihnen
angeschlossen hat. Ein seltsames Missgeschick, den Beobachtungen anderer zu
folgen, wenn sie nicht richtig sind, scheint die mycologischen Eorschnngen des
Henm van Tieghem'^) hartnäckig zu begleiten; denn leider steht cs mit dieser
neuen Beobachtung nicht anders als mit anderen älteren dieses Autors, z. B. mit
den Ernchtformen des Alucor Alucedo von de Barg^), mit dem Befruchtnngsvor-
gange bei den Basidiomyceten von B.eess\ — sie ist unrichtig, vde es diese enviese-
ner Alassen"*) sind. Der wirkliche A^organg d e r S p o r e n k e im n n g ist ein
durchaus anderer, wie er von den drei Autoren beobachtet ist. Schon die Darstellung
ist so unwahrscheinlich xvie möglich, weil hiernach die Keimung der
Bacillus-Sporen von anderweit bekannten Sporenkeimungen abwcichcn würde, sie
1} Cohn, B e it r ä g e zu r B io lo g ie , B d . I I , H e f t I I . T a f . X I .
2) V a n T ie g h em , su r le B a c illu s am y lo b a c t e r , B u lle t in d e la s o c ié t é b o t a n iq u e d e F r a n c e .
T om e 2 4 . 1 8 7 7 .
d e B a r g , B e it r ä g e z u r M o r p h o lo g ie d e r P i l z e , I I . R e i h e , u n d B r e f e ld I . H e f t de r
S c h im m e lp ilz e .
S c h im m e lp ilz e I I I . H e f t . B a s id iom y c e t e n .
lässt keine ande re Beurthoilung z n , als d ie , dass alle drei Boohaehter den
wirklichen Koiuuingsact g a r n ic lit gesehen h a b e n , der sich liöehst o harak-
teristisch n n d in allen F ä llen ühercinstimmend vollzieht n n d k e in e r Missdeutung
fìihig ist.
Bei gewöhnlicher Zimmertemperatur geht die Keimung der Sporen nur
langsam vor sich, es dauert oft einen lialhen Tag nnd länger, bis sie cintritt.
Bei höherer Toiu])eratnr geht cs schneller, am sclinellstcn aber, wenn die Sporen
in der Nährlösung fünf Alinuten gckoclit nnd langsam abgekühlt werden; in
solchen Fällen zeigen sich schon nach 2 — 3 Stunden die Anzeigen der Keimung.
Die ersten Veränderungen, welche die Dauersporen mit cintretcnder
Keimung erfulircn, bestehen in dem Verluste ihres dunklen Ansehens; gleichzeitig
damit verschwindet der lichte Hof, nnd cs tritt in der Alittc der sich
etwas vergrösscrndcn Spore eine hellere Zone auf. Diese wird allmählich grösser
nnd diu-aiif verliert die Spore ihre gleichmässige Rundung (Eig. i l a und h).
An der einen Seite erscheint eine deutliche Anshuchtung, an deren Spitze sich
der Inhalt der Spore ansaminclt. An eben dieser Steile erfolgt die Oeffnung
der Sporenniembran, ans welcher der Keimling hervortritt nnd sicli mehr nnd
mehr znr Form eines Stäbchens verlängert (Fig. 11c). Es bleibt mit seinem hinteren
Theile in der Oeffnung der entleerten Sporcnmemhraii stecken, welche ihm
in Form einer Blase anhängt.
Der gesammte Inhalt der Spore geht in die Bildung des auskeimenden
Stäbchens auf, nur die Sporenhaut, wahrscheinlich das Exosporinra, wird abge-
stossen. Die Keimung der Sporen entspricht hiernach, wie vorherznschen war,
den Keimnngsvorgängen, die von anderen Sporen bekannt sind, und wir dürfen,
diesen analog, vermnthen, dass die Sporen mit doppelten Alembranen ausgerüstet
sind, von welchen die äussere als Schntzmemhran abgcsprcngt, die innere, die
man nicht direct sehen kann, zur Alembran des Keimlinges wird.
Das abgestosscnc Exos])orinin hängt dem Kcimstäbcheii anfangs ziemlich
fest an (Eig. 11 —13); cs ist oft nach der Bildung vieler neuer Stäbchengenerationen
noch deutlich zu erkennen, begleitet selbst die ausschwärmenden Stäbchen
auf ihren Wanderungen, bald die Spitze, bald das Ende des schwärmenden
Stäbchens oder der schwärmenden Stäbchencolonie einnehmend (Fig. 3). Im
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