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 der  Parasit  in  das Innere  der  Nährptlanzen.  AVie  sollen  nun  die  Keime 
 des  Antherenbrandes  boi  solchen  Keimungen,  wie aaK   sic  hier  in AVasser  bcobaclitet  
 haben,  in  die  Nährpiianzen  gelangen? 
 Es  ist  von  selbst  einleuclitend,  dass  der  Parasit,  wenn  er sich  in  der 
 Natur  so  entAvickelt,  AA'ie Avir  es  an  seinen  Sporen  im  Wassertroiifeii  beobachtet 
 liaben.  die Nälirpflanzc  kaum  oder  gar  nicht  erreichen  Avird.  Seine  Fortexisteiiz  
 als  Parasit  setzt  noch  andere  Lebensbedingnngen  und  eine  andere  EntAvicklung  
 voraus,  als  sie  in  blossem  AVasser  zur  Auskeimung  seiner  Sporen  gegeben  sind.  
 Alles  das,  Avas  AA'ir  hei  der  Cultur  der  Brandsjioren  in  AVasser  gesehen  haben,  
 Avird  nicht  Avohl  den  Keimungsvorgängen  entsprechen  können,  wie  sie  normaler  
 A^'eisc  in  der  Natur  sich  vollziehen,  um  die  Eortcxistcnz  des  Pilzes  als  Parasit  
 zu  sichern:  das  Ganze  macht  den  Eindruck  einer  Krüppclkcimung,  nicht  den  
 einer  natürlichen  EntAvicklung. 
 Indem  ich  diesen  Gedanken  verfolgte  und  die  Lücke  erwog,  Avelche  
 notliAveiidig  an  dieser  Stelle  in  unserer  Kenntniss  vom  Leben  dieses  und  vieler  
 anderer  Parasiten  bestehen  müsste,  gcAvann  die  A^orstellung  mehr  und  mehr  
 festen  Boden,  dass  der Pilz  für  seine EntAvicklung  nicht bloss  auf die Nälirpflanzen  
 angewiesen  sein  könne,  dass  er  vielmehr  noch  andcrAvcit  unter  anderen Bedingungen  
 müsse  leben  können,  dass  mithin  der  natürliche  Gang  seiner Entwicklung  
 auch  in  einem  anderen AVege  erschliessbar  sein werde, als  der  es  ist, den man bisher  
 in  dem  dogmatischen  Glauben  an  den unfehlbaren Parasitismus  eingeschlageii hat. 
 l'n d   kaum  eine  andere  Mögliclikcit  blieb  hier  der  Vorstellung  offen  als  
 die.  dass  der  Parasit  nicht  bloss  parasitisch,  sondern  auch  saprophytisch  zu leben  
 befähigt  sein  müsse. 
 Kurz  vor  meiner  langen  Krankheit,  welche  mit  dem  A'eiiuste  meines  
 besten  Auges  endete,  Avar  ich  nach  vorläufigen  ATrsucheii  mit  den  Brandpilzen  
 auf  diesen  Gedanken  gekommen.  Ich  wollte  ihn  realisiren,  als  die Katastrophe  
 eintrat  und  alle  meine  Hoffnungen  zu  vereiteln  drohte,  ln   den  ersten  drei Monaten  
 meines  xAugenleidens,  welche  ich  ohne  Unterbrechung  im  finstern  Zimmer  
 verbringen  musste,  trat  der  Gedanke,  die  künstliclie  Cultur  der  parasitischen  
 Pilze  durchzuführen,  mit  all  seiner  AVahrscheinlichkeit  immer  natürlicher  
 vor  meine  Seele  und  versetzte  mich  oft  in  fieberhafte  Aufregung.  Zehn  
 Jahre  mühevoller  Arbeit  Avarcn  aufgoAvendct,  die  Methoden  zur  Cultur  waren 
 i. 
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 gescliaffen  und  ausgearbeitet,  der  Erfolg  war  vorhcrzuselien,  —  und  nun  waren  
 meine  pliysischeu  Ilülfsmittel  an  einer  ungcalinten  und  zwar  an  der  empfind-  
 liclistcii  .Stelle,  welclie  sich  für  mikroskojrische  I'ntcrsnclnmgen  denken  lässt,  
 für  immer  zerstört.  —  Nocli  andcrtlialb  Jalire  vergingen  langsam,  dann  wurde  
 es  mir  gestattet  wieder  zu  aiboiton,  aber  es wurde  mir  die  äusserste  Seboniing  
 meines  einzigen  Auges  dabei  zur  Pflicht  gemacht. 
 teil  wandte  mieli  in  dieser  Lage  mit  der  Bitte  um  Hülfe  in  einem  
 Assistenten  für  meine  wisscnscliaftliclien  Arbeiten  an  das  landwirtlischaftlielic  
 Ministerium  in  Berlin,  indem  ich  nachdrücklich  auf  den  Verlust  meines  Auges  
 im  Dienste  des  Ministeriums'),  auf  meine  metir  als  zelinjährigcn  wissenschaft-  
 liclicii Vorarbeiten  für  die  I'iitcrsiicliuiig  der  Pilzkraiikheitcu  und  auf  die  Ziele  
 der  neu  tiegründeton  l ’ntersiichimgsmethodcii  liinwics.  —  Atir  wurde  der  kurze  
 Besclieid,  dass  cs  nicht  angiiige,  mir  die  erbotene  Hülfe  zu  gewähren. 
 Nun  begann  ich  die Arbeiten  alicin mit  den Alittelii  eines  einzigen,  noeli  
 '  sehr  cmpfindliclicn,  fast  kranken  Auges.  EmpfiiKlimgen,  welche  sich  jeder  
 Mensch  denken  kann,  waren  die  Trielifeder,  welche  mich  die Rttcksiehten  gegen  
 mich  selbst  und  die  grossen  Schwierigkeiten  der  Arbeit  leichteren  Sinnes  überwinden  
 Hessen,  als  es  sonst  möglich  gewesen  wäre. 
 D e r  U s t i l a g o   a n t h e r a r u m   w a r  das  e r s t e   O b j e c t ,   w e lch e s   ic h   
 u n t e r   d e n   B r a n d p i l z e n   in   k ü n s t l i c h e  C h iltu r  n a hm .  Die Nährlösungen,  
 welche  für  das  Gelingen  der Ciiltnroii  die  günstigsten  sein  mussten,  waren  lange  
 vorher  schon  erwogen  und  pilzfioi  dargcstellt  worden.  Mit  schönem,  eben  frisch  
 geholtem  Materiale  von  Brandsporen  begann  ich  Ende  Juni  die  Reihe  der  Cultnren. 
   Am  Abend  entnahm  ich  aus  einer  nocli  geschlossenen  -‘Viitherc  die  
 völlig  reinen  Sporen  und  mischte  sic  mit  einem  Tropfen  Nährlösung  anf  dem  
 Ohjectträgor.  Die  Sporen  vertheilten  sicli  in  der Nährlösung  leichter  nnd  gleic.h-  
 mässiger  als  früher  im  AVasser.  Dnrcli  einen  weiteren  Zusatz  an  Nährlösung  
 wurde  ein  Grad  der  A’crdüniiiing  der  Sporen  in  dieser  erreicht,  dass  jede  Spore  
 einzeln  lag  und  so  in  etwa  genau  und  sicher  verfolgt  werden  konnte.  Soweit  
 dio  sorgfältigste Durchsicht  der  Sporen  in  dem  Ciiltiirtropfen  erkennen  liess,  war  
 die  Cultur  rein,  d.  h.  frei  von  fremden  Pilzsporen. 
 Am  folgenden Alorgen war  die  ganze  Cnltur  mit  lIofezeHen  von  eiförmiger 
 ')  S c h im m e lp il z e ,  Hel't  IV ,  V o r r e d e .  
 B fo ia ,  iibtüb.  UnlersHcluinBeii.  V. 
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