Um von den untern Stufen des Thierreichs auszugehen, erwähne ich
zuerft der Infectenaugen als derer, die meine Aufmerkfamkeit vorzüglich
auf lieh gezogen haben. Meine Beobachtungen über die Sehewerkzeuge
der ungeflügelten Infecten finden fich theils in meiner Schrift: Ueber
den in n e rn Bau der A ra ch n id en , theils in meinen A b h an d lu n g en
ü b e r den in n n e rn Bau der u n g e flü g e lten In fe c ten n). Ich werde
nicht diefe hier wiederhohlen. Was ich hier über die Augen der Infecten
milzutheilen habe, betrifft eine Beobachtung, die zwar nicht auf Neuheit
Anfpruch machen kann, die aber noch nicht fo genau angeftellt ift, dafs
eine nähere Beftimmung derfelben überfiüffig wäre. -
Man weifs, dafs die Infecten einfache und zufammengefetzte Augen
befitzen. In den erwähnten Abhandlungen •»*) habe ich gezeigt, dafs die
zufammengefetzten Augen im Grunde blos aus dicht an einander gedrängten,
einfachen Augen beftehen. Der Unterfchied zwifchen diefen und den
einzelnen Facetten jener ift nur diefer, dafs zu jedem einfachen Auge ein
eigener Nerve aus einer befondern Stelle des Gehirns, zu den fämmtlichen
Fabelten eines jeden zufammengefetzten Auges aber ein Bündel von eben
fo vielen Nervenfafern, als es einzelne Hornhäute giebt, aus einer gemein-
fchaftlichen Wurzel geht. Diefe Fäden nehmen während ihres Verlaufs
an Dicke zu und gehen zu einer, zwifchen ihnen und der Hornhaut liegenden
Maße. Hier zeigt fich nun bey den verfchiedenen Infecten eine
merkwürdige Verlcbiedenheit. Bey einigen befteht diefe MaiTe aus Fort-
fätzen jener Nervenfäden, die durch eine häutige, mit einem farbigen
Pigment bedeckte, der Chöroidea zu vergleichende Scheidewand dringen
n) Yermifchte Schriften von G. R. und L. -CI. T r e v i r a n u s » . B» l ~u. 2,
n *) Yermifchte Schriften. B. 2» S. 64. 65.
und von welchen jeder fich auf der hintern Fläche einer der einzelnen
Abtheilungen des zufammengefetzten Auges endigt, nachdem fowohl feine
Scheide, als fein vorderes Ende einen Ueberzug von jenem farbigen Pigment
bekommen hat. Die Hornhaut ift ebenfalls auf ihrer ganzen innern
Fläche mit einer dunkeln Materie (überzogen, deren Farbe oft vou der des
Pigments abweicht. C u v ie r °) ftiefs bey feinen Zergliederungen des
Infectenauges blos auf Augen diefer Art und fchrieb deren Structur der
ganzen Claffe der Infecten zu. M a r ce l de S e r re s p) aber glaubte
bemerkt zu haben, dafs die Choroidea nebft dem Pigment den lichtfcheuen
Infecten fehle, dafs bey den übrigen das Pigment der Hornhaut von den
Fäden der Sehenerven durchdrungen werde und dafs die Enden der letztem
unbedeckt dem Einflüße des Lichts ausgefetzt feyen.
Nach meinen Beobachtungen kann ich die letztere Angabe nicht für
richtig halten. De S e r re s führt zum Beweife feiner Behauptung den
Umftand an, dafs man nach yorfichtiger Abfonderung der Hornhaut die
Enden der einzelnen Fäden des Sehenerven als weifse Puncte zwifchen
dem Pigment der Choroidea bervorragen lieht. Allein bey diefem Verfahren
bleiben die farbigen Theile, welche die innere Wand der Hornhaut
und zugleich die Enden der Fäden des Sehenerven bedecken, an der Hornhaut
kleben und diefe Enden abgeriflen von dem Pigment auf der ent-
blöfsten Fläche des Sehenerven zurück. Hätte De S e r re s Recht, fo
müfste fich mit einem guten Vergröfserungsglafe von aufsen unter jeder
Abtheilung der Hornhaut ein weifser Pünct erkennen laßen, welches doch
o) Leçons d’Ânat» comp. T. II* p» 442*
p) Mémoire fur les yeux compofés et les yeux liftes des Infectes» Montpellier, i 8l 3»
p. 4i, 72*