Hirnorganen des Löhern geißigen Lebens zu beweifen, da fich von den
übrigen Wurzeln derfelben zeigen läfst, dafs fie einen höhern Urfprung
haben mülTen. Die Hörnerven und Antlitznerven haben dies mit den Nerven
des verlängerten Marks gemein, dafs zu ihrer Bildung Faferbüudel von
beyden Seiten der obern und untern Fläche des Gehirns zufammentreten.
Die untern Wurzeln jener beyden Nervenpaare find bey den Säugthieren
die zwey fchon oben (S. 77.)hefchriebenen Faferbündel des Trapeziums. Sie
treten bey den höhern Säugthieren aus den beyden Winkeln, welche die
Brücke mit den Pyramiden bildet, unter den Anfängen der Nerven des
fechftcn Paars hervor. Ihre erfte Entftehung lälst fich nicht mit dem
Mefier verfolgen. Aber bey den Affen, dem Seekalb und dem Bären gehen
fie aus diefem Winkel in fchiefer Richtung von vorne nach hinten; bey
den niedern Säugthieren laufen fie parallel mit dem hintern Rand der
Brücke. Dort haben fie alfo einen Lauf, der dem der Stränge des verlängerten
Marks entgegengefetzt iß , und ihr Urfprung liegt daher ohne Zweifel
bey jenen Thieren, und noch gewifser beym Menfchen, wo fie von der
Brücke felber eingefchloilen find, wenigstens in der Brücke, wo nicht in
den Hirnfchenkeln oder in deren Nähe. Die untern, auf den fogenannten
grauen Leißen fichtbaien Wurzeln der Hörnerven haben offenbar einen
ganz andern Verlauf wie die übrigen, zu den Wurzeln der Nerven des
verlän°erlen Marks gehenden Markfafern der vierten Hirnhöhle. Sie kom-
men nicht wie jene aus der miniem Spalte diefes Ventrikels; föndern
fteigen an den Seiten deßelben von oben herab. Den Ort ihrer Entftehung
vermag ich nicht anzugeben, wohl aber glaube ich behaupten zu können,
dafs fie einen höhern Urfprung ab die Nerven des verlängerten Marks
haben.
Aber bey den Fifchen ift doch der Hörnerve nur ein Zweig des fünften
Hirnnerven, an welchem fich keine unmittelbare Verbindung mit der Sphäre
des höhern fenfiliven Lebens nachweifen läfst. Wäre der Grund richtig,
wovon diefer Einwurf hergenopimeu iß , fo liefse fich damit nur beweifen,
dafs bey den Fifchen der Gebörfinn mehr der vegetativen als der fenfidveu
Sphäre angehöre. Wir haben indefs fchon üben gefehen, dafs die Hörnerven
-bey den Fifchen nur neben den Nerven des fünften Paars bervor-
konunen, nicht aber Aefie derfelben find.
Aber, läfst fich weiter einwenden, wenn man auch einräumt, dafs der
Hörnerve eine nähere Verbindung mit den Organen des fenfuiven Lebens
bat, fo iß diefer Zufammenhang doch gewifs-geringer als der, worin der
Gerucbsnerve bey den meiftea Thieren mit diefen Organen floht. Beziehen
lieh aber nicht die Empfindungen des Gehörs mehr auf das höhere fenßtive
Lehen als die des Geruchs? Auf diefe Frage läfst fich antworten, dafs die
Empfindungen des Gehörs nicht ümniitelbar als Empfindungen, fondern
als Z e ich e n für Empfindungen dem höhern fenlitiven Leben dienen,
In diefer Function könuen aber- die übrigen Siime den Gehörfmn vertreten.
Die meiden Thiere werden weniger durch das Gehör, als durch den
Geruch bey ihren Handlungen geleitet. Kein Sinn wirkt fo unmittelbar
und in dem Grade auf die Phautafie und das Erinnerungsvermögen als der
des Geruchs. Es iß zwar ungegründet, was. nach Gar da n p) manche
Schriftftcller behauptet haben, dafs fcliarfe Riecher immer auch geißreiche
Menfchen feyen. D,och wahr iß es allerdings, dafs Schärfe des Geruchs und
Reichthum an gelftigem Schöplungsvermögen liäufig mit einander verbunden find.
p) De fublilitate L* XIII« p, 4^8. BafileaeV i664.
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