Reiz erfolgende'n Bewegungen der Staubfäden von Parnaffia, Ruta u. f. w.
betrifft, fo hält er fie-gleichen Urfprungs mit dem, was bey Scrophularia,
Hyocyamus u. f. w. ftatt findet, nehmlich für eine Folge der vollendeten
Entwicklung derfelben. Seiner Meynuug nach beobachten felbige zuerfl
eine gellreckte Lage, weil lie zu diefer Zeit noch die Natur der Blumenkrone
haben, dann aber richten fie fich auf, indem lie zu einer höheren^
zu ihrer eigenthiimlichen Ausbildung gelangen a). Es ifi diefes jedoch
eine Yorausfetzung, welche die Beobachtung nicht gut heifst: denn augenscheinlich
befinden die Staubfäden der Raute, wenn fie fich der Narbe
nähern, fich in einem, man möchte Tagen gezwungenen und unnatürlichen
Zufiande b), Ueberhaupt hängt die Richtung der Staubfäden, wofern fie
nicht am Grunde verwaehfen find, in der Blume fall durchgängig von der
Richtung der Blumenkrone und von der Art, wie fie fich öffnet, ab. So
bey den fehmetterlingsförmigen, lippenförmigen, röhrenförmigen, vielblättrigen
Blumenkronen. Es ifi; daher der Regel ganz unangemeffen, dafs eine
vielblältrige, offenfiehendeBlumenkrone, wie die von Parnafiia, Ruta, Saxifraga,
anfgerichtete Staubfäden habe. Wendet man ein, dafs hier eben das Entfernen
der Staubfäden von der Krone zum Griffel hin die gröfser? Entwicklung
derfelben anzeige, fo ifi: unbegreiflich, warum denn fo wenige
Pflanzen diefe Erfcheinung darbieten, da doch der Augenfehein lehrt, dafs
in allen, unter fonft begünftigenden Umfiänden, der Pollen zur Reife gelange.
Und endlich ifi zu bedenken, dafs in den genannten Gewächfen die Staubfäden
nicht auf einmal, fondern einer nach dem ’andern diefe Bewegung gegen
die Narbe machen, welches bey ihrer kreisförmigen Stellung fchwerjich
aus einer blofsen Entwicklung, die gleichzeitig feyn müfste, zu begreifen
fevn möchte.
a) Kritik u, f. tv. 62. — t ) F, G. Ha y n c Arzneygew’aclife VI. T. 8, F. 2. 5.
Was ferner diejenige Reizbarkeit der Genitalien betrifft, die fich hey
Anbringung eines äufseren Reizes durch Bewegungen kund giebt, fo entlieht
diefe, der obigen Theorie zufolge a) , dadurch, dafs die Staubfäden oder
Narben zwifchen ihrer eigenthümlichen Natur und der der Blumenkrone
fchwanken, fo dafs eine blofse Erfchütterung hinreiche, der erfien das
Uebergewicht zu geben, aber nicht hindere, dafs fogleich wieder der andere
Zug überwiege. Diefe Reizbarkeit nennt der Vf. demnach eine „uneigentliche/l
Hier ifi nun vorab zu erinnern, dafs die obigen Aeufserungen von Reizbarkeit
keinesweges nur durch Erfchütterung, fondern fchon auf die leifefie
Berührung erfolgen, wovon jedermann fich leicht durch den Verfuch an
einem fehr gemeinen Gewächfe, der Berberitze, überzeugen kann. Dali
ferner die äufsere Bildung eines Blumentheiles zwifchen Krone und Staubfaden
mitten inne liehen könne, zeiget die Beobachtung, z. B. der unächten
Nectarien von Parnaffia, welche offenbar dergleichen find, fo wie der
Staubfäden mancher LaucharteD, deren Träger eine blumenblatlartige Bildung
haben, während die Antheren vollkommen ausgebildet find. Allein die
innere Ausbildung fchwankt hier doch keinesweges 5 im erfien Falle ifi es
Blumenblatt, im zweyten Anthere. Wie demnach in den obigen Fällen
von Parnaffia u. f. w. die innere Bildung und Entwicklung fchwanken
könne, ohne dafs die äufsere daran Theil nehme, ifi keinesweges einleuchtend
Und endlich, wie kann man umhin, jener inneren Urfache, die auf einen
Reiz eine Bewegung des Belebten veranlailet, den Namen der Reizbarkeit
zu geben? Hl denn die Reizbarkeit nur etwas dem Thierreiche Eigentliüm-
liches? Ifi es nicht vielmehr eine allgemeine Eigenfchaft organifcher
Elementartheile und im Pflanzenreiche, namentlich des Zellgewebes, fich