IV.
ÜBER DEN HIPPOCAMPUS.
W enn mau die Bildung des Hippocampus und deiTen Beziehung auf das
übrige Gehirn in den verfchiedenen Familien der Säugthiere unterlucht
hat und dann vergleicht, was über diefen Theil bisher von den Anatomen
gefagt ift, fo wird man geliehen rmiilen, dafs derfelbe noch nicht von allen
Seiten gehörig erforfcht iß. Seit Morand ihn zuerft genauer befchrieb 2),
lind es vorzüglich V i c q -D ’A z y r und die Gebrüder W en z e l, denen
man weitere Beobachtungen darüber verdankt. Diefe Zergliederer umer-
fuchten ihn aber mehr am Menfchen als an Thieren. V i c q -D ’A z y r m
gelangte zu dem Befultat, dafs der gerollte Wuift blos für eine eigene,
nach innen gehende Hirnwindung anzufehen fey. Die Leyden W en z e l 1>)
zogen aus ihren Beobachtungen den nehmlichen Schliffs, und hiermit erhielt
digfer fall allgemeine Zuftjmmung. Nur R e il c) vermuthete, dafs der
Hippocampus eine höhere Bedeutung haben muffe, und D ö llin g e r d)
erklärte lieh geradezu gegen V i c q -D ’A z y r ’s Meinung. Ich habe die
z) Mén». PAcad. des fc.. de Paris* A* 1744« p. 3i 2*
a) Ebendafelbft. A* 1784. p. 52.0.
I)) De peaitiori cerebri ftruetura. ^C. l 5. p* i 34* - '
e) Archiv f. d. Phyfiol. B. XI. S . i l i *
«Q Beiträge zur Entwiekelungsgefchichte des men fehl. Gehirns. S . l 4.
IV. Ueher den Hippocampus, i3i
Bildung diefes Theils und feinen Zufammenhang mit dem übrigen Gehirn
an vielen Thieren verfolgt, und glaube annehmen zu mühen, dafs er ein
weit wichtigeres Organ ift,. als wofür man ihn nach V i c q - D’A z y r 's
Anficht halten kann, und dafs lieh Spuren von ihm auch bey den Vögeln
und Fifchen finden. .
Der Hippocampus (das Ammonsharn, der gerollte Wulft) ein walzenförmiges,
gekrümmtes Organ, liegt bekanntlich im hintern und im abftei-
genden Horn der Seitenhöhle des grofsen Gehirns. Der im hintern Horn
befindliche Theil deftelben ift der ob e re , der im abfteigendeu Horn
enthaltene d e r .u n te r e .
Diefer untere Theil nimmt das ganze abfteigende Horn ein. Das
Ende deftelben liegt über der Wurzel des Scheuerven. Sein innerer Band
ift mit der, daran ftofsenden Wand jenes Horns verwachfen. Die Subftanz
diefer Wand ift die, welche am vordem Ende des mittlern Hirnlappens die
Sylvifche Grube begränzt und einen eigenen Markkern enthält, worin das
Mark der Hirnwindungen, ein Markfortfatz des geftreiften Körpers, der
äufsere markige Theil des Geruchsnerven, ein Theil der vordem Commiffur
und zugleich das Mark des Hippocampus übergeht. Hier gieht es alfo
einen unmittelbaren Zufammenhang des letztem mit der ganzen äufsem
Scliaale des Gehirns, mit zwey der wiebtigften unter den inneru Hirnorganen
und mit einem Nerven, den bey den meiften Thieren feine Gröfse zu
dem vornelimften aller Sinnesnerven macht.
In Betreff des ohern Theils zeigt lieh gleich bey Eröffnung der Seiten-
liölilen des Gehirns ein grofser Unterfcliied zwifchen den beyden oberften
und den übrigen Familien der Säugthiere. Bey dem Menfchen und den
Affen ift diefer Theil fo fchmal, dafs er nicht über dem Sehehügel hervor-
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