Bey unfern weitern Beftimmungen haben wir die Lage der vordem
Commiftur zu berückfichtigen. Diefer Theil des Vogelgehirns ift ohne
allen Zweifel einerley mit der vordem Commiffur der Säugthiere. Bey
den letztem geht er vor den geltreiften Körpern nach vorne zu den Geruchs*
nerven oder zu den vordem Enden der Riechfortfälze. Bey den Vögeln
hat er den nehmlichen Verlauf; aber hinter ihm findet man nur eine
geringe, aus der Stelle, wo die Schenkel der hintern Hemisphären mit
den Himfchenkeln zufammenltöfsen, hervorkommende Anfammlung von
Mark, von welcher lieh einige bogenförmige Markftreifen nach vorne
ausbreiten. Die übrige, innere Subftanz der vordem Hemisphären iß eine
einförmige, graue Materie. Nach diefen Umftändeu ift es gewifs unrichtig,
die ganze MaiTe der vordem Hemisphären zu. halten, wofür man iie
gewöhnlich annimmt, für die geftreiften Körper der Säugthiere. .Nur der,
hinter der vordem Commiftur liegende Theil derfelben kann mit den letz*
tern verglichen werden. Das Meifte der übrigen Subltanz gehört denjenigen
Organen an, die mit den hintern Abtheilungen der Riechforlfätze des
Säuglhiergehirns Übereinkommen. Vielleicht lind bey den Vögeln auch
die Hippocampi der Säugthiere mit der inuern Mafte der vordem Hemis*
phären verfchraolzen. Bey der Heerfchnepfe (Scolopax Gallinago) liegen
auswendig auf beyden Seiten der Balis des Gehirns, am -äufsern Rand
diefer Hemisphären, zwey gekrümmte, cylindrifche Hervorragungen, die
ganz die nehmliche Geftalt wie die, von der untern Seite angefehenen
Hippocampi haben. Ueberhaupt alfo lind in den vordem Hemisphären
des Vogelgehirns mehrere Organe, die lieh bky den Säuglhieren ab abge*
fonderte Hirntheile zeigen, zu einer einzigen Malle vereinigt, welche weit
weniger Mark und weit mehr Rinde als irgend einer der gröfsern Theile
des Säugthiergehirns enthält.
Die ftrahlige Scheidewand der Vögel ift von den meiften Zergliederern
für gleichartig mit der durchfichtigen Scheidewand der Säugthiere
angenommen, aber auch wohl put Unrecht- In ihrer Lage und Textur
hat fie zwar mit diefer Aehnlichkeit. Allein bey den Säuglhieren nimmt
die durchßchtige Scheidewand defto mehr an Gröfse ah, je kleiner und
dünner der Balken wird. Bey den Nageth.ieren, dem Igel, dem Maulwurf
und den Fledermäufen ift kaum poch eine Spur von ihr übrig m). Aber
grade mit diefen Thieren "kommen die Vögel im Bau .des Gehirns am
nächfteu überein. Es ift daher nicht glaublich, dafs ein Theil, der bey
den untern Gattungen der Säugthiere fchon gröfstentheils yerfchwundea
war, am Vogelgehire plötzlich wieder in einer gröfsern Ausdehnung und
Stärke wie bey einem von diefen heryortreten iöllte, Wahrfcheiu lieber ift
es, dafs, wie auch Mal a c arne n) annahm, die ftrahlige Scheidewand von
dem Balken der Säugthiere abfiammt. Diefer ift, gleich ihr, bey den
Nagethieren, dem Igel, dem Maulwurf und den Fledermäufen eine dünne,
fafrige Platte. Sie geht, gleich dem Balken, in die Sekaale der vordem
Hemisphären über, und ihre Dicke fteht mit der Stärke diefer Schaale in
Verhällnifs. Von ihrem untern, markigen Ende breiten fleh eben fo, wie
von dem mittlere Theil des Balkens jener Säugthiere, nach ihrem Umfang
Markftreifen aus. Ihre Lage ift zwar yerfchieden von der des Balkens.
Aber diefe ift überhaupt an allen Theilen des Vogelgehirns anders als
an deu analogen Theilen der Säugthiere.
m) Ich fand, wie C a ru s (Vertuet einer Darfteiiung des Neryeafytlems S. 225.) bey
diefen Thieren den Balken mit dejn -Gewölbe blos noch durch dünne Mark faden,
verbunden*
n) Mcmorie della Societa Italiana. T* III. p. l48.
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