Von gewifTermaafsen entgegengefelzter Art ift der Vorgang bey Orni-
tbogalum luteum W. En. Die eyförmige oder länglich -eyförmige Zwiebel,
im Nachfommer und Winter unlerfucht, bat ein oberes fpitzcs Eudèj
welches gemeiniglich etwas gebogen und mit einem Büfchel vertrockneter
Wurzeifafern, Ueberbleibfeln der Vegetation vom vergangenen Frühjahre,
umgeben ift, und ein unteres ftumpfes. Zugleich liehet man um die
längfte Peripherie der Zwiebel, nehnilich vom fpitzen Ende zum ftumpfen
und wieder zurück, eine dunklere Linie laufen. Macht man in dieftsr Libie
einen Schnitt durch den Mittelpunkt der Zwiebel, fo erblickt man am
ftumpfen Ende die länglich-konifche Knospe für die künftige Vegetation ä),
welche ihren Urfprung an der Peripherie hat und, mit der Spitze nach
innen gerichtet, dafelbft in einen Kanal aufgenommen wird, welcher fchief
gegen die fpilze Extremität Zu läuft und unterhalb derfelben an der Oberfläche
lieh endiget. Examinirt man die nehmliche Zwiebel in der letzten
Hälfte d es März, nachdem die Vegetation derfelben län'gft begonnen bat,
fo liehet man zwey Blätter duTch den obenerwähnten Kanal herausgetreten •>),
während fie felber angefangen hat, zu weiten und einzüfehrumpfen. Am
unteren Ende hat die, hier fehl- kleine und eDgbegränzte Cenlualfubftanz,
yon welcher gedachte Blätter nach oben ausgehen, nach unten zahlreiche
Würzelchen und zugleich die eyförmige Grundlage einer neuen Zwiebel
getrieben. Gegen Ende Aprils, 'wenn die Bliilhezeit vorüber, ift die alte
Zwiebel heynahe ganz ausgdfogen und die neue übertrift fie bereits an
Gröfse c). Dann liehet man mehrere Zwiebeln, deren fielt zuweilen eine
innerhalb der Häute der alten bildet, die aber immer aus dem ftumpfen
Ende deifeilten, wo gedachtermaafsen der Sitz des feilen Körpers oder der
ß) Tab. V. Fig. l. h ) Tab. Y. Fig. 2. 3. c) Tab'. V. 4. 5.
Centralfubftanz ift, aus der alten hervorgegangen. Die vornehmfte und
fi^ikfte derfelben ift immer die, welche gleiche Richtung mit der alten
Zwiebel hat, und in ihr erkennt man, und zwar am entgegengefelzten Ende,
als wo fie der alten anhängt, bereits den Anfang der Knospe. Im May
welken die Blätter und die zu einem blofsen häutigen Wefen reducirle
alte Zwiebel löfet lieh nach und nach auf, indem fie lieh, nicht oberwärls,
wie Gladiolus, fondern unterwärts, völlig reproducirt hat.
Aber diefe Reprodüction gehet doch nicht grade nach unten, fondern
immer etwas feitw'ärts und diefe Seitenrichtung ift weit in die Augen
fallender bey Colchicum aütumnale, worüber H e dw ig a) bereits fchälzbare
Beobachtungen angeftellt hat, die jedoch nicht geeignet lind, den ganzen
Vorgang gehörig ins Licht zu fetzen. ünterfucht man die Zwiebel diefe's
Gewächfes im Nachfommer, wö fie iü Ruhe und ohne Vegetation ift, fo
hät fie eine rundliche Eyform nnd am unteren, dickeren und zugerundeten
Ende feitwärts eine hervortretende Spitze oder vielmehr Schärfe. Bey
einem Längsdurchfchnitte erblickt man fogleich einen Unterfchied der
feilen Central- und der fleifchigen Subftanz, von denen die erfte in der
Mitte der Peripherie dès' ftumpfen Endes fielt befindet und an ihrer feileren
Textur, ihrer gefättigteren Farbe und an den vertrockneten Würzelchen
welche fie in der vorigen Vegetationsperiode ausgefondert, kenntlich ift.
Zugleich wird man gewahr, dafs jene hervortretende Schärfe ein fchief
ahwärtsfteigender Seitenfortfatz der Centralfubftanz fey, aus deflen oberer
Fläche, und zwar aus dem Winkel, den folche mit dem übrigen Körper
der Zwiebel bildet, die eyförmige Knospe hervorkömmt, fo zwar, dafs
jener Fonfatz felber über den Urfprung der Knospe noch hinausgeht.
a) SammI* feiner Abhandl. und Beobachtungen* I. 62 u. folg* 92 u. folg.
Cc 2