Indeffen mufs man R i c h a r d darin Recht gehen, dafs diefe Saamen
keinen deutlichen Embryo und keine Nabelfchnur haben, worin fie lieh von
allen Saamen phanerogamifcher Gewächfe auszeichnen. Um diefes zu zeigen
Le ich ranke ich mich auf die Klaffe der Farrenkräuter und Moofe, indem bey
den Algen und Schwämmen die Körper, welche von einigen Naturforschern für
Saamen gehalten werden, noch keinesweges von der Mehrzahl als Solche anerkannt
lind. Wenn ich demnach die Entwicklung der Saamen, z. B. von Aspi-
dium exaltatum Sw. von ihrem erflen Sichtbarwerden in der Kapfel au, verfolge,
So Sehe ich zuerft längliche, wafferhelle und farbelofe Bläschen. Sie
liegen ohne Ordnung in einem Schleimig-körnigen Wefen und von einer Nabel-
Schnur ift nichts zu bemerken. Wenn fie ihre Gröfse meiftentheils erlangt
haben, ift ihre Form die einer Bohne; fie haben dann noch von ihrer Durchsichtigkeit
nichts verloren, aber in ihrem Innern und zwar an der geraden oder
vertieften Seite zeigen lieh einzelne, gleichfalls durchfichtige und farbelofe
Körner a). Bey Polypodium aureum bemerkte ich an diefer Stelle des Eys
eine der Länge nach laufende dunkle Linie b), In weiterer Entwicklung füllt
die Höhle lieh mit Körnern und im reifen Zuftande endlich ift der Saame
des genannten Aspidium braun gefärbt mit hökriger Oberfläche, dabey wenig
durchScheinend, doch hinlänglich, um erkennen zu laffen, dafs fein ganzes
Innere auf eine gleichmäfsige Weife von Körnern erfüllt ift c). In diefer ganzen
Entwicklung ift demnach kein Unterfchied ernährender und ernährter
Theile, keine Entgegensetzung eines Embryo und feiner Umhüllungen bemerkbar.
Eben fo fällt eine Nabelfchnur zu keiner Zeit in die Augen; das Schleimige
Wefen umwickelt den Saamen bis gegen die Reife, wo es nur noch in
Geftalt von Flocken fichtbar ift. Das Nehmliehe habe ich bey Polypodium
a) Tab. VI. Fig. 9. b) Tab, VI. Fig. 10. c) Tab. v i. Fig. 1 1 .
aureum und Pteris ferrulata beobachtet, und vom Aspidium Thelypteris Sw.
fagt bereits Schmidel a): er habe mit bewaffnetem Auge nicht wahrnehmen
können, dafs die Saamen diefes Gewächfes an behänderen Strängen in der Kapfel
fäfsen. Auch von andern SchriflfteReen erwähnt keiner, dafs ich wüfste, eines
Nabelftrangs der Farrenkräuter, die Radicales Hoffm. (Hydropterides Willd.
Rhizocarpa Roth.) ausgenommen, wo ein Solcher allerdings vorhanden b);
welche Gewächfe aber auch in ihrem ganzen Verhalten und hefonders in ihren
Befruehtungslheilen lieh von den Farrenkräutern auf eine merkliche Weife
entfernen und den Phanerogamen annähern.
Was die Saamen der Moofe betrift, fo ift hier ebenfalls während der
ganzen Zeit ihrer Entwicklung nichts von einem Embryo oder einer Nabelfchnur
zu fehen; das reife halbdurchfichtige Korn c) ift auf der Oberfläche knotig
und Scheint auf eine völlig gleichförmige Weife aus kleineren Bläschen zufam-
mengefetzt. Zwar finden lieh, was die Nabelfchnur betrift, bey einigen Gattungen
von Lebermoofen neben den Saamen in der Kapfel auch Spiralförmige
Fäden: allein fie find denfelben nur untermifcht und dienen niemals, fie mit
dem Fruchlhalter zu verbinden. Es fcheint daher das Ey hier, wie bey den
Farrenkräutern, einzig und allein durch Einfaugung an feiner ganzen Oberfläche
zu wachfen.
Eine Folge der genannten beyden Eigenthümlichkeiten kryptogamifcher
Gewächfe ift, dafs ihre Saamen, fo weit das bewaffnete Auge reicht, der
Duplicität ihrer Häute gänzlich ermangeln. An einem andern Orte ä) habe ich
aj Icones plant« et anal, part, I. 48*
b) W eb ers u. M ohrs Deulfchl, kryptogam« Gewächfe« Taf. 5.
c) Hedwig 1» c, II, T, 5* F. 24. — d) Von der Entwicklung des Embryo, § ,3 4 - 3 7 «